Oper:Ein Reich am seidenen Faden

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Carlus Padrissa inszeniert im Nationaltheater Ernst Kreneks "Karl V." als Reflexion über Europa.

Von Henrik Oerding

Karl V., römisch-deutscher Kaiser von 1520 bis 1556, herrschte über ein weltumspannendes Gebilde: Ein Reich, in dem die Sonne nie untergeht. In Karls Regierungszeit fiel die Auseinandersetzung mit Martin Luther und der Reformation, dazu einige Kriege, unter anderem gegen die Osmanen und gegen Frankreich. Dass Karl V. eine historisch besondere Figur ist, erkannte auch der Komponist Ernst Krenek - und schuf eine historisch besondere Oper. Er nannte sie ein "Bühnenwerk mit Musik", das Libretto mit gesprochenen Dialogen schrieb er selbst. Es war die erste abendfüllende Oper, die nach Schönbergs Zwölftontechnik komponiert ist, die Uraufführung fand 1938 in Prag statt. Krenek, von den Nazis verachtet, emigrierte im gleichen Jahr in die USA.

"Mit diesem Mann starb eine Zeit"

Die Bayerische Staatsoper bringt dieses selten gespielte Werk (in München zuletzt 1965) nun wieder auf die Bühne. Carlus Padrissa führt die Regie gemeinsam mit der Theatergruppe "La Fura dels Baus", bekannt für ihre großen Event-Inszenierungen. Padrissa und seine Gruppe kommen aus Katalonien und sind damit politisch sehr nah an einer zentralen Frage von Karl V.: Wie können unterschiedliche lokale Interessen in einem gemeinsamen Staat beachtet werden, sei es in Spanien oder im Heiligen Römischen Reich?

In der Oper geht es um eben solche Reflexionen. Karl (gesungen vom dänischen Tenor Bo Skovhus) hat abgedankt, er zieht sich in die Nähe eines Klosters in Spanien zurück. Gegenüber seinem Beichtvater erinnert er sich an wichtige Stationen in seinem Leben. Kreneks Zwölftonmusik kommentiert die Handlung, ist aber zugänglicher als man annehmen könnte, es gibt auch tonale Momente. Erik Nielsen, in Amerika geboren und zuletzt Musikdirektor am Theater Basel, dirigiert.

"Mit diesem Mann starb eine Zeit" stellt der Jesuit Francesco Borgia mit Karls Tod am Ende der Oper fest. Die Fragen von Karls Zeit bleiben aber auch heute aktuell.

Karl V., Premiere Sonntag, 10. Februar, 18 Uhr, Nationaltheater, Max-Joseph-Platz 2, t 21 85 19 20

© SZExtra vom 07.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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