Olympiadorf:Beliebte Betonwüste

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Ein neuer Bildband über das Olympiadorf zeigt die verborgenen Seiten des Viertels

Von Elisa Britzelmeier

Eine Betonwüste, ohne Zweifel. "Aber in jeder Wüste blüht und lebt auch etwas, das nur entdeckt werden will." Das Olympiadorf entdecken - seine Gebäude und Bewohner - darum geht es Nick Frank, Christian Vogel und Anne Berwanger. Die Fotografen und die Autorin wollen mit einem Bildband mit den Vorurteilen über das Olympische Dorf aufräumen. Denn es ist leicht, sich in Haidhausen oder das Glockenbachviertel zu verlieben. Das "Oly-Dorf" dagegen muss eher darum bitten, toll gefunden zu werden. Dabei präsentiert es sich, wie es im Vorwort heißt, als "vergessener Schatz".

Mit ihrem Buch "Habitat - Das Olympische Dorf in München" entfalten Berwanger, Frank und Vogel an Hand der Architektur die Schönheit und den Charakter des Olympiadorfs, die Symmetrie, die Details, das Unerwartete. Auf den Fotos gibt es Bekanntes aus einem neuen Blickwinkel zu sehen, und Bereiche, die beim Schlendern sonst verborgen bleiben. Außenaufnahmen ohne Menschen dominieren, nur hin und wieder sind Bilder der Bewohner eingestreut. Sie erzählen von den Besonderheiten dieses Dorfes in der Stadt, in dem von Zwetschgendatschi bis Radlanhänger alles getauscht wird, von Mini-Kneipen, vom Leben ohne Autos und dem Bewusstsein, an einem geschichtsträchtigen Ort zu wohnen.

Denn das Olympiadorf ist mit dem Attentat von 1972, bei dem 17 Menschen ums Leben kamen, untrennbar verbunden. Eine Gedenktafel vor den Reihenhäusern in der Connollystraße erinnert daran. In "Habitat" wird das Ereignis ausgespart. Es sei "bereits oft und unter Berücksichtigung zahlreicher Facetten" erzählt worden. Historisches bleibt trotzdem nicht außen vor. Auf den ersten Seiten des Buches sind Entwürfe des Olympiageländes aus dem Archiv zu sehen.

Die Bewohner schätzen das Olympiadorf, das wird bei der Lektüre deutlich. Es sei wie eine Einladung: "Komm her und fühl dich zu Hause." Aber es gibt nicht nur Positives zu lesen. Nach außen übertrage sich der Charme ihres Viertels nicht, klagen die einen. Dass sie nicht ewig hier bleiben werden, ist klar für die anderen. Einig sind sich alle: Das Olympiadorf steht für ein ganz besonderes Lebensgefühl.

Nick Frank, Christian Vogel und Anne Berwanger: Habitat - Das Olympische Dorf in München, Volk Verlag München, 192 Seiten, 29,90 Euro.

© SZ vom 19.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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