Oktoberfest:Eine Krug-Vorstellung, bei der kräftig eingeschenkt wird

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Der Grafiker Manfred Escher (li.) hat den diesjährigen offiziellen Wiesn-Masskrug entworfen, Wiesnchef Clemens Baumgärtner stellt ihn vor. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Wiesnchef Clemens Baumgärtner lädt Kabarettistin Monika Gruber zum städtischen Termin ein. Die spart nicht mit derben Sprüchen über Grüne und einen Wirt.

Von Laura Kaufmann

Während die Wiesn im vergangenen Jahr vor allem kalt und verregnet war, sitzen nun Frauen mit Fächern im Armbrustschützenzelt, Speisekarten und Servietten werden zum Luftwedeln zweckentfremdet. Das Gesicht von Wiesnchef und Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) färbt sich rot. Hier wird der offizielle Oktoberfest-Masskrug präsentiert, und weil die Tatsache an sich in etwa so aufregend ist wie ein Sack Reis in China - den Krug ziert wie in jedem Jahr das offizielle Plakatmotiv, das schon im Februar gekürt wird - findet dazu jährlich ein kleines Event statt, mit Wiesnwirten und Stadträten, mit Speis, Trank und Unterhaltung in Form von Musik und Kabarett.

"Wir sind ja froh, wenn die Wiesn eher wärmer ist als kälter", sagt Gastgeber Peter Inselkammer. Heute hätten die Wiesnwirte im kleinen Kreis schon eine Messe abgehalten und eine Kerze angezündet für eine schöne Wiesn. Sorgen macht er sich keine. "Die Nachfrage ist dieses Jahr sehr, sehr gut. Ich denke, nach den Anlaufschwierigkeiten letztes Jahr hat sich nun alles wieder eingependelt. Die Leute wollen auf die Wiesn kommen, auch 18 Tage lang."

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Wiesnchef Baumgärtner dankt noch einmal den Arbeitenden, die die Zelte aufbauen, "den ganzen Tag draußen, und bei gefühlt 40 Grad Zeltplanen aufziehen", und hat dann, "wo alle Welt über Inflation spricht", einen Tipp, um sein Geld anzulegen: "Die komplette Oktoberfestkrug-Serie ist schon über 2000 Euro wert." Das diesjährige Motiv geht auf das Konto von Manfred Escher, einem Münchner Grafikdesigner. Erhältlich ist der Krug auch mit Zinndeckel, der jedes Jahr eine andere lokale Persönlichkeit abbildet: In diesem Jahr ist das der ehemalige Wirtesprecher Richard Süßmeier, "ein echtes Unikat, der die Wiesn frotzelnd, herzlich und warm begleitet hat", sagt Baumgärtner.

Stadtrat Roland Hefter (SPD) spielt mit seiner Band und spendet seine Gage an den Verein "Ein Herz für Rentner", genau wie die Kabarettistin, die der Wiesnchef eingeladen hat. "Eine KabarettistIN dieses Jahr, wiesnerprobt und nimmt kein Blatt vor den Mund", so kündigt Baumgärtner Monika Gruber an. Nun ist es durchaus eine Ansage, ausgerechnet Monika Gruber einzuladen, die im Juni in Erding eine Großdemonstration gegen das Heizungsgesetz der Bundesregierung mit organisiert hatte, die auch Markus Söder (CSU) und Hubert Aiwanger (FW) als Bühne zum Polemisieren für sich genutzt hatten, wofür sie heftig kritisiert worden waren, und die zahlreiche AfD-Anhänger anzog.

Monika Gruber singt noch ein fröhliches Lied

Eine polarisierende Personalie, für die sich der Wirtschaftsreferent bei einer städtischen Veranstaltung entschieden hat. Gruber, die bei der Krugvorstellung genügend Gelegenheit findet, gegen ihr Lieblingsfeindbild, die Grünen, zu ätzen, und etwa Katharina Schulze als "dauergrinsendes Duracellhäschen" bezeichnet. "Ich hatte schon Angst gehabt, dass ich zu spät komme wegen den Klimaklebern, aber die sind ja gerade alle in den Urlaub geflogen!"

Über Neu-Wiesnwirt Peter Reichelt und seine Skandale wie etwa einen Prügel-Vorwurf bei seinem ersten Oktoberfest meint sie, "Ich hab' den Peter gefragt, wie er das diesmal halten möchte mit den Lebensmittelkontrolleuren und er hat gesagt, ach, wir werden uns schon zamraufen!" Aber dann geht es schon weiter mit dem Ätzen über vegane Weißwürste, Lastenradmuttis, über den Arbeitskreis der anwesenden Wiesn-Stadträtin Anja Berger (Grüne), der gegen sexistische und rassistische Motive an Fahrgeschäften vorgegangen ist. Es würde sie ja nicht wundern, sagt Gruber, wenn die Münchner Grünen eine Parteispende von der Malerinnung bekämen. Überhaupt, sexuelle Belästigung sei schlimm, aber wo fängt die an, wo hört der Wiesnflirt auf?

Dass die Brezn auf dem Oktoberfestkrug in Grün dargestellt sei, sei wohl ein Fall für die Lebensmittelkontrolle - den Grünen könne man ja viel nachsagen, aber keine Breznkompetenz, so wenig, wie die gebacken kriegen würden.

Abgerundet wird ihre Krug-Rede von einer rührenden Geschichte über eine Rentnerin auf der Wiesn, die sich eine weitere Mass bestellt, wer weiß, ob sie bei der nächsten noch dabei sei. "Und so freuen wir uns auf eine friedliche, schöne Wiesn, bevor die Grünen merken, dass im Bier auch CO₂ ist, was wir Deppen immer noch als Kohlensäure bezeichnen." Sie singt noch ein fröhliches Lied mit Hefter, während die geladenen Gäste Böfflamott und Knödel verspeisen. Wer sich noch traute, durfte auch eine vegetarische Version bestellen. Der Rucola-Salat darauf geriet allerdings etwas versalzen.

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