Oktoberfest-Attentat:Justiz reagiert auf neue Erkenntnisse

Lesezeit: 2 min

War das Oktoberfest-Attentat das Werk eines Einzeltäters? Oder gab es Mittäter? 34 Jahre danach könnte der Fall neu aufgerollt werden - der Generalbundesanwalt prüft, ob die Ermittlungen wieder aufgenommen werden.

Von Andreas Glas

Eines ist sicher: Das Wiesn-Attentat vom 26. September 1980 war der blutigste Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik. 13 Menschen wurden getötet, mehr als 200 wurden verletzt. Doch über die Hintergründe der Tat herrschen immer noch Zweifel: War das Attentat das Werk eines Einzeltäters, wie die Ermittler sagen? Oder gab es doch Mittäter? Nun, 34 Jahre danach, scheint es, als könnte der Fall noch einmal neu aufgerollt werden.

Wie eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums der Süddeutschen Zeitung mitteilte, prüft der Generalbundesanwalt "intensiv, ob die förmliche Wiederaufnahme der Ermittlungen geboten ist". Dabei ist es keine vier Jahre her, dass die Bundesanwaltschaft den Verdacht auf Mittäter endgültig für ausgeräumt erklärt und die von vielen Seiten geforderte Wiederaufnahme der Ermittlungen abgelehnt hatte.

Oktoberfest-Attentat 1980
:Neue Zweifel an der Einzeltäterthese

"Das ist kein Schwätzer": Der Anwalt von Opfern des Oktoberfest-Attentats präsentiert neue Hinweise, die der sogenannten Einzeltäter-These widersprechen - darunter einen lange vergessenen Zeugen.

Von Florian Fuchs

Dass es nun heißt, der Generalbundesanwalt gehe "den von verschiedenen Seiten - teils auch öffentlich - vorgebrachten Spuren und Hinweisen nach", dürfte vor allem mit den Recherchen des Opfer-Anwalts Werner Dietrich zu tun haben. Nach Dietrichs Aussagen seien Akten aufgetaucht, die bislang noch nicht systematisch auf ihren Zusammenhang mit dem Anschlag untersucht worden seien. Darin will der Anwalt eindeutige Hinweise auf Hintermänner entdeckt haben. Außerdem gebe es einen neuen Zeugen, der diese These stütze. Dem entgegen stehen bis heute die Ergebnisse der Ermittler, die sich früh festgelegt hatten, dass der bei der Bombenexplosion am Haupteingang des Oktoberfests getötete Gundolf Köhler ein rechtsextremer Einzeltäter war.

Auch die Opposition im bayerischen Landtag drängt darauf, die Ermittlungen neu anzuschieben. "Ich habe den Eindruck, dass da immer noch nicht alles auf dem Tisch liegt", sagte Grünen-Fraktionsvorsitzende Margarete Bause - wohlwissen, dass der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im Juni in einem Schreiben an Opfer-Anwalt Dietrich eingeräumt hatte, dass es tatsächlich immer noch Akten gebe, die bis heute nicht ausgewertet wurden.

ExklusivOktoberfestattentat
:Die Brisanz von Spur 253

"Es stellen sich einige neue Fragen": 34 Jahre nach dem Oktoberfestattentat hofft Opferanwalt Werner Dietrich auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Er hat Einblick in bislang verschlossene Akten, die belegen: Die Fahnder hatten eine Spur ins rechte Milieu - haben die aber nicht weiterverfolgt.

Von Florian Fuchs

Schon im vergangenen Jahr hat Bause einen Brief an Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geschickt - mit der Bitte, ein Wiederaufnahmeverfahren voranzutreiben. Im Antwortschreiben vom 15. Januar, das der SZ vorliegt, kündigte Maas an, dass angesichts der Versäumnisse bei den NSU-Morden "jedem Vertrauensverlust gegenüber der Tätigkeit staatlicher Ermittlungsbehörden entgegengewirkt werden muss". Weiter versprach er, dass "beim Vorliegen neuer Erkenntnisse die Ermittlungen wieder aufgenommen werden".

Bause verwies außerdem auf einen Landtagsbeschluss aus dem Frühjahr 2011. Schon damals hatten sich die bayerischen Abgeordneten einstimmig dafür ausgesprochen, die Ermittlungen zum Oktoberfest-Attentat wieder aufzunehmen. "Sollte der Bundesgerichtshof ein Wiederaufnahmeverfahren jetzt erneut ablehnen", sagte Bause, "dann müssen wir überlegen, ob wir weitere Schritte der Aufklärung haben." Für diesen Fall schloss Bause auch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Landtag nicht aus. Die Schwelle für ein solches Gremium wäre relativ niedrig: Für die Einsetzung ist gerade einmal ein Fünftel der Abgeordnetenstimmen notwendig.

Konzept für Erinnerungsstätte
:Gedenken im Olympiadorf

"Dem historischen Geschehen einen dauerhaften Ort geben": Das Konzept der Erinnerungsstätte für die Terroropfer der Olympischen Spiele von 1972 steht. Im Zentrum der Dauerausstellung sollen die Biografien der israelischen Sportler stehen, die bei dem Attentat ums Leben kamen.

Von Dominik Hutter

Auf die Stimmen der Sozialdemokraten könnten die Grünen wohl zählen. "Wir sind schon lange auf dem Standpunkt, dass es ein Wiederaufnahmeverfahren geben muss", sagte der SPD-Abgeordnete Florian Ritter. Auch einen Untersuchungsausschuss hält er "grundsätzlich für eine Option", allerdings wolle er sich vorher ein Bild machen, "was sich konkret in den Akten findet", die Opfer-Anwalt Werner Dietrich untersucht hat. Hierfür werde er sich in Kürze mit Dietrich treffen.

Neben dem Bayerischen Landtag fordert auch der Münchner Stadtrat von der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe eine Wiederaufnahme der Ermittlungen. Opfer-Anwalt Werner Dietrich will einen entsprechenden Antrag noch vor dem Jahrestag des Oktoberfest-Attentats am 26. September einreichen.

© SZ vom 09.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: