Ökumenischer Kirchentag:Überschattet von einem Albtraum

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Sexueller Missbrauch wird beim Ökumenischen Kirchentag thematisiert werden. Ob Margot Käßmann teilnimmt, ist noch ungewiss.

M. Maier-Albang

Natürlich werden sie auf dem Ökumenischen Kirchentag über sexuellen Missbrauch sprechen, es geht ja gar nicht anders. Der vor kurzem ernannte Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, hatte extra beim Planungsstab angerufen, um dies anzumahnen.

Doch die Mitglieder des Präsidiums, die sich Ende letzter Woche im Schloss Fürstenried trafen, wollten dies ohnehin tun. Geräumige Säle werde man für die Foren bereitstellen müssen, vermutet Ellen Ueberschär, die Generalsekretärin des Deutschen Evangelischen Kirchentages - angesichts der zu erwartenden Teilnehmerzahl.

Wer mit wem spricht, ist derzeit in Planung. Ackermann hat sein Kommen bereits zugesagt. Zwei Veranstaltungen soll es geben, eine, bei der Experten den Missbrauch als gesellschaftliches Problem thematisieren, wobei der Schwerpunkt auf Prävention liegen soll. Und eine zweite, heiklere, die ergründen soll, welche Faktoren solche Übergriffe in der katholischen Kirche begünstigen.

Im regulären Programmheft wird man diese Veranstaltungen nicht finden, denn das Heft, zu dem man angesichts von 720 Seiten wohl besser Buch sagen sollte, ist gerade gedruckt worden. Die Teilnehmer werden die Änderungen und Ergänzungen auf einem Zettel in ihren Unterlagen finden. Die Internet-Fassung wird unter www.oekt.de/programm allerdings laufend aktualisiert.

Schon jetzt stehen 2950 Veranstaltungen im Programmheft des Ökumenischen Kirchentages (ÖKT), der vom 12. bis 16. Mai in München stattfindet. Zahlreiche Minister haben ihr Kommen angekündigt: Bundesinnenminister Thomas de Maizière wird sich unter anderem mit dem Thema Rechtsprechung bei Muslimen befassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hält am 14. Mai auf dem Messegelände einen Vortrag zum Thema "Hoffnung in Zeiten der Verunsicherung".

Über die "Pflege als Pflegefall" diskutieren Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler und der ehemalige SPD-Bundesvorsitzende Franz Müntefering. Und wer sich schon immer die Bibel von Bundestagspräsident Norbert Lammert oder dem Kabarettisten Eckart von Hirschhausen ausdeuten lassen oder an einem Workshop zum Bollywood-Tanz teilnehmen wollte, ist hier am richtigen Ort.

Ob die zurückgetretene Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, am Kirchentag teilnehmen wird, wird sich erst Ende März entscheiden. Käßmann, die für 16 Veranstaltungen eingeplant war, hat sich Bedenkzeit erbeten. Die Termine, für die sie in ihrer Funktion als Ratsvorsitzende angefragt war, wird Präses Nikolaus Schneider, der amtierende EKD-Ratsvorsitzende, übernehmen.

Für Termine, wo Käßmann als Privatperson eingeladen war, "bleibt unsere Einladung bestehen", sagt der evangelische ÖKT-Präsident, Eckhard Nagel. Nicht teilnehmen wird der Ökumene-Minister des Vatikans, Kurienkardinal Walter Kasper. Wie die Veranstalter erklärten, ließ der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates sein Kommen absagen. Kasper, der am 5. März sein 77. Lebensjahr vollendet hat, sei nicht sicher, ob er zum ÖKT noch im Amt sein werde.

Der katholische Präsident des ÖKT, Alois Glück, hofft nun, dass nicht das ganze Treffen von dem "albtraumhaften Thema" Missbrauch geprägt sein werde.

Die anderen drängenden Fragen nach der Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise, einer zukunftsfähigen Kultur und einem gerechten Frieden in Krisenländern wie Afghanistan seien auch wichtig. Für Kirchentagsteilnehmer, die eigene Missbrauchs-Erfahrungen haben, soll es psychologische Beratung geben.

Kirchentagspräsident Nagel begreift das Treffen denn auch als eine Chance, sichtbar zu machen, wo überall in der Kirche eine Kultur des Respekts gelebt werde und man sich von den Übergriffen deutlich absetzen könne. Im Sinne eines "Aufstands der Anständigen".

© SZ vom 11.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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