Ökumenischer Kirchentag:Eisheilige und warme Mäntel

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Bei Regen und Kälte beginnt der Kirchentag, und auch warme Worte sind zunächst rar. Das Thema Missbrauch dominiert den ersten Tag des großen Christentreffens.

Monika Maier-Albang

Manche haben Mützen mitgebracht, andere tun, worum die Dame auf der Bühne sie gebeten hatte: "Teilt eure warme Kleidung mit dem Nachbarn!" Es ist kühl auf der Theresienwiese, aber wenigstens regnet es nicht während des Gottesdienstes, mit dem der Zweite Ökumenische Kirchentag am Mittwoch in München eröffnet wird.

Mit durchsichtigen Kunststoffcapes vor dem Regen geschützt verfolgen Geistliche unterschiedlicher Konfessionen die zentrale Ökumenische Feier zum 2. Ökumenischen Kirchentag auf dem Odeonsplatz. (Foto: Foto: dpa)

Dabei ist der Himmel im Süden drohend schwarz. Doch Regen habe das bayerische Kabinett verboten, lässt Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer die Gäste wissen, und zwar für die gesamte Dauer des Kirchentages. "Schauen wir mal, was das Wort der Politiker wert ist", frotzelt er noch.

Es ist ein gewagtes Versprechen am 12.Mai, dem Tag des Märtyrers Pankratius, einem der fünf Eisheiligen, zu denen kein Bayer seine Tomaten ungeschützt ins Freie stellt. Immerhin lockert Seehofers Kalauer die Stimmung auf, die während des Gottesdienstes so richtig warm nicht werden will.

Es sind ja auch frostige Zeiten. Die Kirchenvertreter gehen mit Halbsätzen auf den Missbrauchsskandal ein, deutlich werden die Politiker. Münchens Oberbürgermeister Christian Ude sagt, er hoffe, dass die katholische Kirche tatsächlich mit einem "Erneuerungsprozess" auf die Krise reagiere.

Bundespräsident Horst Köhler, der wie Ude nach der Feier die Gäste begrüßt, spricht passenderweise von "Wolken", die sich zusammengebraut hätten, zählt "Führungsversagen, Missbrauch, Misshandlung" auf, all das, was zu einer "schweren Krise" geführt habe.

Viel Vertrauen sei verloren gegangen, die Kirchen müssten sich nun vor allem den Opfern zuwenden und zur Aufklärung beitragen, fordert Köhler. Der Kirchentag komme zur rechten Zeit. Köhler erinnert aber auch daran, dass "viel Gutes durch gläubige Menschen getan" werde, durch "wunderbare Seelsorger, Religionslehrer, Jugendleiter", denen er seinen Dank ausspricht.

Seelenmassage für die Christen, die an drei Orten in der Stadt gleichzeitig zur Eröffnung zusammengekommen sind. Auf der Theresienwiese zählen Veranstalter und Polizei rund 55.000, auf dem Marienplatz sind es 10.000 - halb so viele wie bei der Meisterfeier des FC Bayern am Wochenende zuvor.

Auch der Papst hat sich gemeldet, in einem Grußwort. Das wird am Mittwoch im Vorprogramm verlesen, eine halbe Stunde vor Beginn des Gottesdienstes, weshalb viele die Worte nicht mitbekommen. Denn just, als die Sonderzüge eintreffen und die Kirchentagsbesucher in die U-Bahn umsteigen wollen, muss eine Linie zeitweilig gesperrt wegen, weil aus einem Lüftungsschacht Rauch quillt.

Es gebe "Unkraut gerade auch mitten in der Kirche" und unter denen, "die der Herr in besonderer Weise in seinen Dienst genommen hat", schreibt der Papst. Dennoch sei "der gute Weizen nicht erstickt worden von der Saat des Bösen". Er ruft die Christen auf, sich weiter in der Kirche zu engagieren, schließlich sei die Kirche ein "Ort der Hoffnung", auch wenn die Missbrauchsfälle die Freude an der Kirche und diese Hoffnung zu "verdunkeln" drohten.

Geste ökumenischer Verbundenheit

Dann beginnt die Feier, die Gastgeber - der Münchner Erzbischof Reinhard Marx und der evangelische Landesbischof Johannes Friedrich sowie Alois Glück und Eckhard Nagel, die beiden Präsidenten des Kirchentags - heißen die Teilnehmer in München willkommen und begrüßen sie jeweils im Duett: eine nette Geste ökumenischer Verbundenheit. Noch etwas Aufmunterndes hat man sich ausgedacht für diese Feier: Statt sich beim Friedensgruß die Hand zu reichen, bekreuzigen sich die Christen gegenseitig und wünschen dem Gegenüber: "Damit du Hoffnung hast!"

Das Regenverbot der Staatsregierung hält übrigens bis kurz nach Mitternacht.

© SZ vom 14.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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