Öffentlicher Nahverkehr:Herrmann will Videoüberwachung ausweiten

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Alle S-Bahnen in München haben Kameras. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

Ob in S-Bahnen, Bussen, Trambahnen oder an Bahnhöfen: Münchens Nahverkehr wird inzwischen vielerorts videoüberwacht. Bayerns Innenminister Herrmann reicht das nicht.

Von Marco Völklein, München

Wer in München in Bahnen und Bussen unterwegs ist, kann sicher sein, dass er von zahlreichen Überwachungskameras ins Visier genommen wird. Insgesamt sind in den Bahnhöfen und Fahrzeugen von Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) und Deutscher Bahn mehr als 7800 Videokameras installiert. Und damit nicht genug: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will in weiteren Bahnhöfen Kameras montieren lassen. Neben den Großräumen München und Nürnberg hat er dabei auch die Stationen in Fürth, Augsburg und Erlangen im Auge. Einen konkreten Zeitplan nannte Herrmann aber nicht. Auch sagte er nichts dazu, wie das Ganze finanziert werden soll.

238 S-Bahn-Züge haben Videoanlagen

Vorreiter bei der Kameraüberwachung der Bahnhöfe ist die MVG: Sie hat mittlerweile sämtliche ihrer 100 Stationen mit Überwachungssystemen ausgestattet; Mitarbeiter der U-Bahn-Wache haben von der Betriebszentrale in Moosach aus ständig die Bahnsteige und Zwischengeschosse im Blick. Zudem werden die Bilder aufgezeichnet, um sie nach einem Zwischenfall den Ermittlern der Polizei zu übergeben, sagt MVG-Chef Herbert König.

Die Bahn wiederum lässt von ihrer Sicherheitszentrale im Hauptbahnhof aus 58 ihrer 150 Bahnhöfe im Münchner S-Bahn-Bereich mit Videokameras kontrollieren. Die Bilddaten werden laut König bei der MVG sieben Tage lang gespeichert und danach überschrieben. Die Bahn löscht die Videoaufzeichnungen vom Hauptbahnhof und aus den Stationen der S-Bahn-Stammstrecke zwischen Ostbahnhof und Pasing bereits nach zwei Tagen. Aufnahmen, die auf ausgewählten Bahnhöfen auf den S-Bahn-Außenästen gemacht werden, lässt der Konzern nach drei Tagen überschreiben.

Aber nicht nur auf den Bahnsteigen, auch in vielen Fahrzeugen laufen Kameras mit. Bei der S-Bahn sind mittlerweile sämtliche 238 Züge mit Videoanlagen ausgestattet. Den Einbau hatte der Freistaat in den vergangenen Jahren mit drei Millionen Euro gefördert. Die Aufnahmen werden laut Deutsche-Bahn-Sicherheitschef Gerd Neubeck nach drei Tagen überschrieben, die MVG löscht die Daten aus den Fahrzeugen nach zwei Tagen.

In den Trambahnen und Bussen der MVG sind bislang in drei von vier Fahrzeugen Kameras installiert. Bei den U-Bahnen ist jeder fünfte Waggon videoüberwacht. "Unser Ziel ist aber auch hier die Vollausstattung", sagt MVG-Chef König. Bis wann dieses Ziel erreicht sein wird, lässt er allerdings offen. Das hänge auch davon ab, bis wann die neuen U-Bahnen vom Typ "C2", die König bestellt hat, in den Fahrgastbetrieb gehen. Bislang verzögern unter anderem Probleme mit der Technik die Inbetriebnahme.

Kritik von der Oppostion im Landtag

Die Opposition im Landtag kritisiert allerdings solche Pläne. An "Brennpunkten" seien Videokameras in Ordnung, findet etwa Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause, nicht aber "anlasslos und flächendeckend im gesamten öffentlichen Nahverkehr". Zumal die Technik "anders als beispielsweise Polizisten auf Streife keine Straftaten verhindert, sondern allenfalls dabei hilft, eine Tat hinterher aufzuklären", sagt Bause. Die Kleinkriminalität würde nur verlagert und Angriffe auf Leib und Leben würden trotz Überwachung stattfinden, ergänzt der datenschutzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Florian Ritter.

Aus Sicht der Ermittler indes sind die Kameras "eine wertvolle und unersetzliche Unterstützung", sagt Hubert Steiger, Chef der Bundespolizei in Bayern. Laut Herrmann ging die Zahl der Körperverletzungen im Nahverkehr 2013 um zwei Prozent zurück, die der Sachbeschädigungen um fast neun Prozent. Er führt dies auch auf den Einsatz der Kameras zurück. Bause indes ist skeptisch: "Das ist mit keiner Zahl belegt." Verhältnisse wie in Großbritannien, wo an jeder Hausecke eine Videokamera hängt, schloss Herrmann aber aus: "Daran haben wir kein Interesse." Allein schon aus praktischen Erwägungen: "Dort sind die Behörden gar nicht mehr in der Lage, das Material vernünftig zu bearbeiten."

© SZ vom 26.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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