Obersendling:Schmelztiegel der Jugend

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Die Stadt prüft Projekt "Junges Quartier Obersendling"

Von Jürgen Wolfram, Obersendling

Ein Integrationsprojekt für junge Menschen mit ganz unterschiedlichen Lebenshintergründen könnte in Obersendling entstehen: Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat Sozialreferentin Brigitte Meier beauftragt, die Realisierung des Vorhabens "Junges Quartier Obersendling" zu prüfen. In einem Gewerbekomplex zwischen Machtlfinger-, Kistlerhof-, Boschetsrieder- und Schertlinstraße soll ein Begegnungs- und Kulturzentrum entstehen, das auch Möglichkeiten zur Unterbringung und Fortbildung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge bietet und darüber hinaus günstigen Wohnraum für Auszubildende und Studierende. Das 25 000 Quadratmeter große Grundstück mit fünf Gebäuden gehört dem Unternehmen Deutsche Immobilien Chancen AG, das dem Sozialreferat eine Zusammenarbeit bei der Entwicklung des Areals angeboten hat.

In einem der fünf Gebäude (Modul 1) befinden sich Schulungsräume der Deutschen Angestellten Akademie, die auch dort bleiben sollen. Die übrigen Gebäude stehen derzeit leer und sollen nach entsprechenden Umbauten neu genutzt werden. In den Modulen 2 und 4 könnten insgesamt 528 Apartments mit einer Größe von 20 bis 27 Quadratmetern entstehen. In Modul 3 soll eventuell eine Kindertagesstätte untergebracht werden. Im zentralen Modul 5 gäbe es Platz für einen Mensa- und Café-Bereich, der von einem sozialen Ausbildungsbetrieb als Begegnungsort betrieben werden könnte. Ferner ließen sich dort Unterricht für junge Flüchtlinge abhalten sowie ein Lehrer-Fortbildungsinstitut mit Gästezimmern unterbringen. Die beiden weitläufigen Untergeschosse des Moduls 5 eigneten sich zudem als Probenräume für Nachwuchsbands, eventuell in Verbindung mit einer Jugendfreizeitstätte.

Eine vom Sozialreferat geleitete Projektgruppe, an der auch das Referat für Stadtplanung und Bauordnung, das Kommunalreferat sowie das Referat für Arbeit und Wirtschaft beteiligt sind, soll in den kommenden Monaten klären, welche Nutzungen in dem Gebäudekomplex miteinander kombinierbar wären. Insbesondere sei zu klären, "ob und unter welchen Voraussetzungen die angedachten Angebote für Auszubildende, Studierende und junge Flüchtlinge in einem Gewerbegebiet planungsrechtlich vertretbar sind", heißt es in einer Mitteilung der Stadt. Zu prüfen sei ferner, ob sich die Ertragserwartung der Grundstückseigentümerin mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten der potenziellen Mieter beziehungsweise mit der Finanzierung durch öffentliche Mittel, etwa im Rahmen der Jugendhilfe, in Einklang bringen lasse.

Oberbürgermeister Reiter sieht in der Idee eines "Jungen Quartiers Obersendling" die "große Chance", höchst unterschiedliche junge Menschen zusammen zu bringen. Gemeinsam lernen, Musik machen und wohnen - das sei ein Projekt, das Modellcharakter für die Integration junger Flüchtlinge bekommen könnte.

Für Sozialreferentin Meier besteht ein wesentlicher Vorteil des Vorhabens darin, in Obersendling einen Großteil der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Bayern unterzubringen. Es sei besonders wichtig, Objekte zu finden, die wie das "Junge Quartier Obersendling" Möglichkeiten für das Zusammentreffen und die gegenseitige Bereicherung junger Menschen bieten. Sollte sich das Projekt wie beabsichtigt realisieren lassen, könnte es eine Signalwirkung für andere Immobilieneigentümer haben, "ähnlich beispielhafte Gemeinschaftsprojekte für Flüchtlinge und junge Menschen in Betracht zu ziehen", so die Sozialreferentin.

Der Vorsitzende des Bezirksausschusses (BA) Thalkirchen-Obersendling-Fürstenried-Forstenried-Solln, Ludwig Weidinger (CSU), hat nach eigenem Bekunden am Dienstag erstmals von dem Projekt gehört. "Wir haben in dieser Ecke der Stadt schon Unterkünfte für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge", gibt er zu bedenken. Außerdem sei es ein erklärtes Ziel des BA, in Obersendling Gewerbe zu erhalten, statt es umzuwandeln. Zugleich äußert Weidinger Verständnis für Brigitte Meier: "Die sucht halt händeringend Unterkünfte für Flüchtlinge."

© SZ vom 29.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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