Obersendling:Lieber Meinung als Mandat

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Hans Bauer, Berufsschulleiter und lange Chef im Bezirksausschuss, geht in Pension und will sich nicht mehr einmischen

Von Jürgen Wolfram, Obersendling

Wenn Rashid Shah seinen Entwurf zur Neugestaltung eines alten Lokschuppens vorstellt, Franziska Dürr ihre sorgsam verzierte Heiligenfigur oder andere Absolventen der städtischen Meisterschulen für Maler und Lackierer, Vergolder und Kirchenmaler ihre Prüfungsarbeiten des Jahres 2017, ist einer gern dabei, dem man Stolz anmerkt. Es ist Berufsschulleiter Hans Bauer, für den die Leistungsschau in der Obersendlinger Zeppelinhalle heuer ebenfalls einen wichtigen Einschnitt im Leben markiert: Am Freitag geht er zum letzten Mal zur Arbeit, danach in den Ruhestand, endgültig. Dass er überhaupt noch im Dienst ist und das Rentnerdasein hinausschob, hat eine Menge zu tun mit seiner pädagogischen Leidenschaft. Er wollte "auf ein paar Dinge noch Einfluss nehmen und dafür sorgen, dass der Neubau unserer Fachschule nicht wieder auf die lange Bank geschoben wird". Provisorien, wie seit dem Jahr 2000 in der Zeppelinhalle oder demnächst im Jungen Quartier Obersendling mit für ihn absehbaren Nutzungskonflikten, hält er für "schlimm", eine solide Dauerlösung für überfällig.

Wer Bauer kennt, weiß: Mit dem ist nicht zu spaßen, wenn es um Dinge geht, die ihm wichtig sind. Er selbst verortet seine Grundhaltung zwischen Hartnäckigkeit und Aufsässigkeit. Mancher Stadtrat oder Rathaus-Mitarbeiter dürfte an dieser Stelle beredt nicken. Das geht schon seit den Siebzigerjahren so, als der gelernte Vermessungsingenieur sich weigert, für ein großes Planungsbüro Aufträge in Diktaturen wie Persien oder Südafrika zu erledigen. Nach Wortgefechten mit dem Chef reicht er lieber die Kündigung ein.

Stolz aufs Werk seiner Schüler, etwa diese Heiligenfigur von Franziska Dürr, ist Schulleiter, demnächst Ex-Schulleiter Hans Bauer. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Gut für die innere Hygiene, schlecht für den Kontostand. Glücklicher Zufall, dass ihm ein alter Bekannter über den Weg läuft, der gerade eine Ausbildung zum Berufsschullehrer macht. Eine Idee, die Bauer spontan zusagt. Fortan steigert der Sohn eines Berufsfeuerwehrmanns sich hinein ins pädagogische Metier. Noch Student, unterrichtet er schon mit Elan angehende Kesselschmiede. Und eckt an wie immer. Schummeleien von Lehrern bei der Notenvergabe? Nicht mit Hans Bauer.

Berufsschule, das ist jahrzehntelang sein Ding. Ob als Referendar in Erding und Neuburg/Donau, ob als stellvertretender Studiendirektor, der den Kaminkehrer- und Orthopädieschuhmacher-Nachwuchs Physik und Sozialkunde lehrt - Bauer geht auf in seiner neuen beruflichen Rolle. Schwierige Schüler, wie sie im Bau- und Baunebengewerbe schon mal vorkommen, bändigt er mit Cleverness. Einmal lässt er Jugendliche ihre Schulräume selbst streichen, und siehe, der Vandalismus hat plötzlich ein Ende. "Ich bin halt ein pädagogischer Optimist, der glaubt, dass man Leuten in Ausbildung mit Überzeugung und Empathie viel geben kann", sagt Bauer. Seit 1979 in Diensten der Stadt München und seit 1997 nicht zuletzt wegen seiner Mitwirkung an der Einführung der CAD-Technik in leitender Funktion, freut sich Bauer jetzt auf seinen nächsten Lebensabschnitt. Darin sollen Reisen im eigenen Wohnmobil eine wichtige Rolle spielen, seine beiden Enkel ebenso.

Irgendwann ist es Zeit fürs Private: Hans Bauer gibt nun die Leitung der Berufsschule für Maler, Lackierer und Vergolder ab. Auch mit der Politik im Stadtviertel ist nun Schluss. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Nachdem ihn die Meister- und Fachschulen feierlich verabschiedet haben, will Bauer sich "nicht mehr aktiv einmischen". Das gilt erst recht für die Politik, in die er gleichfalls eher zufällig hineingeraten sei, um ihr dann dauerhaft eine unüberhörbare Stimme zu verleihen. Bauer gehörte 41 Jahre lang dem örtlichen Bezirksausschuss an, 24 Jahre davon als Vorsitzender. "Eigentlich wollte ich nie ein Mandat haben, sondern lieber eine eigene Meinung und Familie", erinnert sich der Ur-Obersendlinger mit Ironie. Doch dann waren da eben auch die Bewunderung für Willy Brandt und ein paar alte SPD-Haudegen, die ihn mit Geschick ins politische Amt bugsierten. Bei ihnen hat Bauers bevorzugte Drohung offenbar noch nicht gefruchtet: "Wer mich ärgert, kommt in meiner Biografie vor."

© SZ vom 27.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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