Obersendling:Einem Gebäude Respekt gezollt

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Das 22-geschossige Siemens-Hochhaus aus den Sechzigerjahren galt als visionär. Nun braucht es eine neue Vision. (Foto: Stephan Rumpf)

Die überarbeiteten Pläne für das Siemens-Hochhaus stoßen bei Fachleuten auf einhellige Zustimmung. In zwei Anbauten wird es Platz geben für Gastronomie, Fitnesseinrichtungen, Cafés und Geschäfte

Von Jürgen Wolfram, Obersendling

Der Denkmalstatus lasse sich trotz aller Bemühungen nicht halten, aber dem Charakter des 75 Meter hohen Bestandsgebäudes soll in wesentlichen Teilen "Respekt gezollt" werden. Dies versprach Stefan Sinnig vom Architekturbüro Henn, als er der Stadtgestaltungskommission jetzt eine überarbeitete Fassung der Pläne für das ehemalige Siemens-Hochhaus an der Baierbrunner Straße 54 präsentierte. War die Resonanz schon im ersten Anlauf überwiegend positiv, so zeigte sich das Fachgremium von der Optimierung regelrecht entzückt. Stadtplaner Jürg Sulzer bescheinigte den Henn-Architekten, die im Auftrag einer Immobilientochter des Schweizer Investment-Unternehmens Empira in Obersendling zugange sind, eine "spannende Weiterentwicklung" vorgestellt zu haben. Daniel Fügenschuh, Architekt aus Innsbruck, wollte sogar "gratulieren".

Innerhalb von nicht einmal drei Monaten hat das Architekturbüro Henn alle Kritikpunkte der ersten Begutachtungsrunde ausgeräumt. Vor allem die Sichtachse von der Baierbrunner Straße via Torbogen zum dahinter liegenden künftigen Wohngebiet (Campus Süd), von der Architektin Birgit Rapp noch als störend unterbrochen moniert, erschien der Stadtgestaltungskommission nun stimmig. Ähnliches gilt für die Anordnung der beiden geplanten Nebenbauten. In den früheren Entwürfen hätten sie nach Auffassung des Berliner Architekten Piero Bruno noch "die Natur des Solitärs" verraten, die das ehemalige, seit 20 Jahren leerstehende Siemens-Hochhaus kennzeichne.

Stefan Sinnig vom Büro Henn berichtete von "intensiven Gesprächen", die sein Haus mit Denkmalschützern geführt habe. Mehrere Gutachten besagten, dass ein Erhalt des Denkmalschutzes "nicht möglich" sei. Man habe sich jedoch auf das Ziel verständigt, den markanten Bau in Obersendling "im Kern nicht umzubauen". Ohnehin soll er auch in Zukunft als Bürohaus dienen und etwa 1500 bis 2000 Beschäftigten einen Arbeitsplatz bieten.

Sinnig betonte ferner die Notwendigkeit der beiden geplanten Zusatzbauten, die weniger von der Stadtgestaltungskommission als von einigen Lokalpolitikern in Frage gestellt worden waren. Arrondierende Kreativräume, Gastronomie, Workshop-Bereiche, Fitnesseinrichtungen, Cafés und Geschäfte gehörten heutzutage einfach zu einem Büropark, ebenso wie eine großzügige Lobby und ein repräsentativer Empfangsbereich, beteuerte Sinnig. Eine Kita wolle man ebenfalls noch integrieren. Der Kommission erschien die Bedarfsbegründung plausibel, ebenso wie das Konzept zur Nutzungsverteilung. Öffentliche Zugänglichkeit und Durchwegung würden berücksichtigt, versicherte der Architekt, ebenso eine attraktive Grüngestaltung mit Pflanzbeeten. Einen Teil des Baumbestandes zugunsten der Tiefgaragen-Zufahrt zu opfern, sei jedoch unvermeidlich, merkte er an.

Die "schwierigste Auseinandersetzung" hat es nach Aussage Sinnigs wegen der Fassadengestaltung gegeben. Jetzt stehen unter anderem bodentiefe Fenster, zusätzliche Schlitze und Mies'sche Ecken für eine Anmutung der Großzügigkeit. Der Stil der Fassade soll bei den beiden geplanten Nebenbauten nördlich und südlich des Hochhauses eine Fortsetzung erfahren. Den Kommentaren aus der Stadtgestaltungskommission zufolge hat das Architekturbüro Henn ganze Überzeugungsarbeit geleistet. Fehlten eigentlich nur noch ein paar klärende Worte zur Verkehrsanbindung. Aber dafür ist wohl eher das Referat für Stadtplanung und Bauordnung zuständig. Einen Bebauungsplan für das betreffende Areal in Obersendling will der Stadtrat am Mittwoch, 7. Juli, aufstellen.

© SZ vom 10.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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