Obersendling:Das "Grüne Band" entfesselt Ängste

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Um die Flüssigkeit des Lieferverkehrs machen sich Obersendlinger Unternehmer Sorgen. (Foto: Florian Peljak)

Pläne der Stadt, ein altes Bahngleis zur Ökoschneise aufzuwerten, haben große Gewerbebetriebe in Alarmstimmung versetzt. Die Firmen fürchten, dass ihre Lieferwege damit gekappt werden

Von Jürgen Wolfram, Obersendling

In der Zukunftsmusik des Stadtteils Obersendling wirkt der Rahmenplan zur Neuordnung des Gewerbebands wie ein Paukenschlag. Er sieht als Kernelement die Umwandlung eines ehemaligen Bahngleises in eine Grünfläche mit Rad- und Fußweg vor. Diese Verbindung zwischen der Geisenhausener Straße und der Aidenbachstraße trägt in den Entwürfen die romantisierende Bezeichnung "Grünes Band". Doch was wie ein verlockendes Angebot ökologisch orientierter Stadtplaner daherkommt, hat in den Führungsetagen mehrerer Firmen aus der Gegend Alarmstimmung ausgelöst. Denn die Umsetzung der Idee einer Grünschneise würde die Stränge des Lieferverkehrs ihrer Unternehmen kappen. Bei einer Videokonferenz mit Vertretern des Bezirksausschusses (BA) Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln machten die Firmenchefs jetzt ihre Bedenken geltend. Die Lokalpolitiker signalisierten Beistand.

Es handelt sich durchaus um größere Betriebe, die ihre Logistik durch die einschlägigen Rahmen- und Bebauungspläne bedroht sehen, wie Klüber Lubrication (Spezialschmierstoffe), Brunata-Metrona (Wärmemesstechnik) und Schleicher (Fahrzeugteile). Für den Bezirksausschuss-Vorsitzenden Ludwig Weidinger (CSU) sind das alles wichtige Arbeitgeber und Gewerbesteuerzahler. "Wir wollen diese Firmen unbedingt im Stadtbezirk behalten und keinesfalls, dass sie hier absiedeln", betont Weidinger.

Die anderen BA-Mitglieder sehen das genauso. Sie haben eine Anfrage ans Referat für Stadtplanung und Bauordnung verabschiedet, um auf die "Probleme und aktuellen Entwicklungen am Standort Obersendling" aufmerksam zu machen. Bekräftigt wird "der Standpunkt zum Erhalt des Industriestandorts", den der Bezirksausschuss seit Längerem vehement vertritt, auch in anderen Zusammenhängen als dem Gewerbeband Obersendling.

Die Note an die Stadtverwaltung umfasst eine Reihe gezielter Fragen. So wollen die Lokalpolitiker zum Beispiel wissen, ob es vertragliche Vereinbarungen über die Nutzung von Flächen in der verkehrsmäßig sensiblen Zone mit den genannten Firmen gibt und bereits Überlegungen angestellt worden sind, wie die Unternehmen künftig beliefert werden sollen. Es folgt der Hinweis, dass die Zulieferung der Firmen Klüber und Schleicher derzeit via Geisenhausener Straße erfolgt, und Sattelschlepper in der Straße rangieren müssten. Ob der Stadtverwaltung die damit verbundenen "Bedürfnisse" klar seien und wie diese berücksichtigt würden, will der BA ferner vom Planungsreferat wissen.

"Der Bezirksausschuss geht davon aus, dass im Rahmenplan Obersendling weiterhin industrielles Gewerbe möglich bleiben soll", heißt es weiter in der Anfrage der Stadtteilvertretung. Daher wünsche man eine Berücksichtigung der Anliegen "etablierter, zum Teil mehr als fünf Jahrzehnte ansässiger Unternehmen". Anzustreben seien "gemeinsame Lösungen". In ihrer Videokonferenz mit dem BA hatten verschiedene Firmenvertreter eindringlich auf die existenzielle Bedeutung freier und belastbarer Zufahrten zu ihren Unternehmen unweit des Ratzingerplatzes hingewiesen.

© SZ vom 11.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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