NullAchtNeun:Ich bin dann mal im Bierzelt

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Ab Samstag ist München keine normale Stadt mehr. Der Ausnahmezustand hat einen Namen: Oktoberfest.

Harald Hordych

An diesem Samstag hört München auf, eine normale deutsche Kleinstadt zu sein. 16 Tage lang leben alle Münchner an zwei Feststraßen und in 14 Festzelten. Ob sie nun wollen oder nicht. Das Oktoberfest ist von einer solchen Ereigniswucht, dass sich keiner, weder Gelangweilte noch Gegner, seiner Energie entgegenstellen könnte.

Selbst wer dieses Stimmungshoch ignoriert, muss sich bekennen. Er kommt nicht drumherum, des öfteren zu erklären, warum gerade er keinen Fuß auf die Theresienwiese setzen wird. Die Wiesn ist schlichtweg allgegenwärtig.

Und wem haben wir das auch zu verdanken? Uns, der Presse, die nun wieder 16 Tage hintereinander mitfeiern darf. Jeden Tag, ganz offiziell, sogar im Auftrag der Chefredaktion! Prima, oder?

Journalismus gilt ja mittlerweile vielen als Traumberuf, weil der Reporter überall dabei ist, wo die Korken knallen. Unser Geschäft ist die Sensation. Und jetzt ist Hauptgeschäftszeit. Schon früh morgens heißt es, dem neidischen Kollegen aus der Innenpolitik ein kerniges "Servus, ich bin im Bierzelt" zuzurufen und sich hineinzustürzen in den aufregenden Trubel, der in Kombination mit ein wenig Alkohol ab und zu in eine richtig ausgelassene Stimmung umschlägt.

Jeden Tag ein Hendl Bis spät in die Nacht hat man direkten Kontakt mit 7000 selig feiernden Menschen, die endlich mal richtig aus sich herausgehen und auf die lustigsten Ideen kommen. Wer darf schon bei der Arbeit Musik hören? Der Kollege vom Feuilleton würde bestimmt auch gern mal was anderes hören als den ewigen Schubert. Hier wird einem der Dienst mit Guter-Laune-Musik versüßt. Nein, die Wiesn ist eine wahre Festzeit. Und jeden Tag ein Hendl!

Überall gibt es neue Fahrgeschäfte zu entdecken, die man auf Kosten der Redaktion für die Rubrik "Selbst getestet" ausprobieren darf. Auch wenn man schon etwas älter ist, und sonst nur sehr junge Leute in 20 Meter Höhe auf dem Kopf stehend hin- und hergewackelt werden. Da fühlt man sich gleich 40 Jahre jünger und weiß wieder, wie es war, im Auto mit Mama und Papa hinten auf der Bank in Urlaub zu fahren. Kurz, es ist immer ein verdammt langes Jahr, bis es endlich wieder heißt: Ozapft is!

© SZ vom 19.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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