Nachruf:Benediktinermönch Notker Wolf ist tot

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Notker Wolf bei einem Konzert 2012 auf der Bühne. (Foto: Robert Haas)

Als "rockender Abt" stand er auf der Bühne, war früher Abtprimas der Benediktiner und im Gespräch für einen Bischofssitz in Bayern. Nun ist Notker Wolf auf der Rückreise aus Italien im Alter von 83 Jahren gestorben.

Von Sabine Buchwald

Noch einmal war Notker Wolf in Italien gewesen. Eigentlich eine nur kleine Reise für einen, den es so oft in die große Welt hinausgezogen hat, der Asien liebte und auch Afrika gut kannte. In Italien hatte er studiert und war später dann selbst an der päpstlichen Hochschule Sant' Anselmo in Rom Professor, hielt dort Vorlesungen in lateinischer Sprache. Nun ist der Benediktinermönch und frühere Abtprimas auf der Rückreise von Italien in sein Heimatkloster St. Ottilien überraschend gestorben.

Von 1977 bis 2000 war Notker Wolf Erzabt in St. Ottilien und von 2000 bis 2016 Abtprimas der Missionsbenediktiner. Als solcher war er der höchste Repräsentant des Ordens mit seinen mehr als 800 Klöstern und Abteien weltweit. Missionar wollte Notker Wolf selbst einmal werden. Dieser Traum brachte ihn einst ins Kloster. Als 14-Jähriger hatte er über einen Ordensmann gelesen, der in der Südsee seine Arbeit tat. In einem fernen Land leben und arbeiten, so wollte er das auch für sich. Doch Notker Wolfs berufliche Bestimmung lag nicht im Missionieren, wenngleich er stets einen Sinn für fremde Kulturen hatte, während seiner Amtszeit unermüdlich die Niederlassungen der Benediktiner besuchte.

Ihn bewegten die Nöte der Menschen, er wollte verstehen und verbinden. In einem Zeitungsinterview zu seinem 80. Geburtstag sagte er: Er habe 39 Jahre Klöster geleitet, er wisse, was es heißt, einen großen Haufen zusammenzuhalten. Wo er konnte, setzte sich Notker Wolf ein für das Wohl anderer. Mit seinem Orden baute er etwa in China ein Krankenhaus auf und schob den Bau eines anderen im abgeschotteten Nordkorea an. Neues entstehen zu lassen, das hat den Kirchenmann zeitlebens beschäftigt.

Geboren wurde er, der eigentlich Werner hieß, als Sohn eines Schneiders 1940 im schwäbischen Bad Grönenbach. Er besuchte das Gymnasium in St. Ottilien, das er 1961 mit dem Abitur abschloss. Er ging nach Rom, studierte Philosophie, später dann an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität Theologie und anorganische Chemie, Zoologie und Psychologie. Die Priesterweihe empfing er 1968. Zwei Jahre später wurde er Professor für Naturphilosophie und Wissenschaftstheorie in der Ewigen Stadt.

Notker Wolf wollte gehört werden. Eine Weile war er gern gesehener Gast in Talkshows im deutschen Fernsehen. Zu den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche äußerte er sich allerdings zurückhaltend, laut der Webseite katholisch.de kritisierte er die Berichterstattung, das "Stochern" der Medien. Was vorgefallen sei, sei natürlich schlimm, aber man dürfe auch all das Gute in der Kirche nicht vergessen.

Seine Freude am Musizieren lebte er als "rockender Abt" aus. Geige und Querflöte hatte Notker Wolf in Jugendtagen gelernt, später dann griff er zur Gitarre. Als Bassist im Ordensgewand stand er mit den Kollegen von Feedback auf der Bühne, bis sich die ehemals von Schülern gegründete Band kurz vor der Coronazeit auflöste. Lieder der Rolling Stones und AC/DC hatten sie gespielt . Es konnte Notker Wolf nicht rockig genug sein. Die Beatles interessierten ihn nicht so sehr, erzählte er einem SZ-Journalisten 2018, deren Songs seien wie Schlagermusik. "I'm free", dieser Songtitel der Stones, war eine Art Lebensmotto für ihn.

Lebenshilfe wollte er mit seinen Büchern geben. Acht davon hatte er im Herder-Verlag herausgebracht, darunter Titel wie "Die sieben Säulen des Glücks" oder "Gönn Dir Zeit. Es ist Dein Leben". Zum Tod des Abtes sagt Herder-Geschäftsführer Simon Biallowons: "Notker Wolf war über Jahrzehnte eines der prägenden Gesichter des Christentums in Deutschland. Seine Tatkraft, sein Humor und seine Unkonventionalität werden uns fehlen. Gerade in Zeiten wie diesen war er für uns alle ein Symbol dafür, wie viel Kraft und Mut der Glaube geben kann." Notker Wolf wurde 83 Jahre alt.

Das Requiem und die Beerdigung sollen am Samstag, 6. April, um 10.30 Uhr in St. Ottilien stattfinden, teilte das Kloster mit.

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