Nostalgie:Stabwechsel in der Zirbelstube

Ein Hauch von Riem im Erdinger Moos: Die Zirbelstube aus Tirol, in der damals wie heute gespeist werden kann. (Foto: Aesthetika/Allresto)

Ob Vogel, Strauß oder Brandt: Im Nebenraum des Flughafen-Restaurants in Riem wurde Politik gemacht. Natürlich konnte er nicht einfach abgerissen werden

Von Dominik Hutter

Luftfahrt, das galt einmal als Abenteuer und Fortschrittsbeweis. Entsprechend war der Flughafen Riem nicht nur eine Verkehrsstation, sondern auch ein Ausflugsziel. Es kam durchaus vor, dass die Stadtspitze ihre offiziellen Gäste gen Riem kutschierte und dort verköstigte, wie der frühere Flughafenmitarbeiter Peter Trautmann berichtet. Einen intimen Rahmen für solche Empfänge bot die Zirbelstube, deren historische Holztäfelung aus Tirol stammt - der urige Raum mit grünem Kachelofen war ein Teil des Restaurants "Windrose".

Dort wurde etwa im Jahr 1960, an einem feierlich gedeckten Tisch, der Stabwechsel im Flughafen-Aufsichtsrat begangen: vom scheidenden Oberbürgermeister Thomas Wimmer hin zu Amtsnachfolger Hans-Jochen Vogel. Mit dabei war auch Wulf-Diether Graf zu Castell, damals Flughafen-Chef. Der 1980 verstorbene Flugpionier, der schon vor dem Zweiten Weltkrieg Pilot der Lufthansa war, leitete Riem von 1949 bis 1972. Nach ihm ist heute die Straße benannt, die in der Messestadt direkt auf die alte Wappenhalle zuführt.

Aber auch Franz Josef Strauß und Willy Brandt sollen dereinst Gäste in der Riemer Zirbelstube gewesen sein. Die "Windrose" und den gesamten Flughafen Riem gibt es längst nicht mehr, die hölzerne Kneipenstube aber ist erhalten geblieben. Die Innenausstattung samt Ofen wurde vor dem Abbruch der Gebäude sorgsam abgebaut, ins Erdinger Moos gebracht und bildet heute einen Nebenraum des Restaurants "Airbräu", das im Zentralbereich zwischen den beiden Terminals gelegen ist.

© SZ vom 15.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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