Nockherberg 2010:Bayern sucht den Superpolitiker

Lesezeit: 4 min

Alfons Biedermann schreibt erstmals das Singspiel für das Politiker-Derblecken - und verrät schon eimmal, wie es ablaufen wird.

Wolfgang Görl

Alfons Biedermann feiert am 3.März seinen Einstand als Autor und Regisseur des Singspiels auf dem Nockherberg. Seine Vorgänger, die Regisseurin Eva Demmelhuber und die Autoren Holger Paetz und Uli Bauer, sind im vergangenen Jahr zurückgetreten, wobei sie der veranstaltenden Paulaner-Brauerei vorwarfen, Texte zensiert zu haben. Biedermann, gebürtiger Münchner, hat sich unter anderem als Co-Autor für Bully Herbigs Filme und diverse Fernsehsendungen einen Namen gemacht.

"Es soll witzig sein, aber nicht platt oder klamaukig." Alfons Biedermann feiert mit einem neuen Konzept seine Premiere als Autor und Regisseur des Singspiels auf dem Nockherberg. (Foto: Foto: Catherina Hess)

SZ: Herr Biedermann, waren Sie schon mal beim Politiker-Derblecken auf dem Nockherberg dabei?

Biedermann: Ja, ich habe es mir im letzten Jahr angeschaut.

SZ: Wussten Sie da schon, dass Sie den Job übernehmen würden?

Biedermann: Nein.

SZ: Wie kommt man dazu? Muss man sich dafür bewerben?

Biedermann: Nein, ich wäre nicht auf die Idee gekommen, mich zu bewerben. Das scheint ja erst mal etwas komplett anderes zu sein, als Kinofilme zu schreiben und Fernsehunterhaltung zu machen. Auf dem Nockherberg geht es doch eher in Richtung Kabarett. Als mich die Paulaner-Brauerei und der Bayerische Rundfunk gefragt haben, ob ich das Singspiel übernehmen wolle, fand ich es nach einiger Zeit des Überlegens dann doch sehr reizvoll: Es ist eine Live-Show, Schauspieler spielen Politiker, während die echten Politiker vor der Bühne sitzen. Man kann sie kritisch angehen und muss sie dabei zum Lachen bringen. Und dann hab' ich auch gemerkt, dass Paulaner wirklich einen neuen Weg gehen will. Im November haben wir den Vertrag gemacht, und dann ging's los.

SZ: Was darf man Neues erwarten?

Biedermann: Ich habe mir überlegt, dass ich eine Casting-Show daraus mache, so etwas wie Deutschland sucht den Superstar. Damit können auch junge Leute mehr anfangen, und ältere Menschen wissen ebenfalls, worum es geht.

SZ: Das heißt, die Politiker respektive ihre Doppelgänger müssen sich als Sänger einer Jury stellen?

Biedermann: Genau. Ich habe mit Martin Lingnau, das ist ein sehr guter Komponist, und Heiko Wohlgemuth ganz neue Songs komponiert und getextet. Anders als bisher bringen wir keine Cover-Versionen bekannter Lieder. Jeder Politiker, den wir auf die Bühne bringen, bekommt einen Song, der auf ihn zugeschnitten ist und der ihn charakterisiert. Den müssen sie vortragen und der Jury zeigen, dass sie Superstars beziehungsweise Superpolitiker sind.

SZ: Das Casting ist also die Rahmenhandlung?

Biedermann: Ja. Bayern sucht den Superpolitiker. Es war mir von vorneherein wichtig, dass wir die Politiker, die wir ausgesucht haben, richtig schön charakterisieren. Auch bei Kinofilmen macht es mir am meisten Spaß, die Charaktere anzulegen. Für das Singspiel haben wir viel recherchiert, es ging darum: Was ist das für ein Typ, wie verhält er sich? Wir wollen die Politiker mehr von ihrer persönlichen Seite packen.

SZ: Bisher sind die Politiker in ein Kostüm gesteckt worden, und die Handlung spielte in einer anderen Zeit oder an einem anderen Ort, zum Beispiel in der Wüste oder in einer mittelalterlichen Burg. Damit ist es jetzt wohl vorbei?

Biedermann: Es war mir total wichtig, dass wir keine Kostüm-Arie daraus machen, denn ich finde es ein bisschen seltsam, wenn etwa Angela Merkel in einem barocken Kleid auf der Bühne steht. Das nimmt viel von ihrer Persönlichkeit. Deswegen treten die Politiker diesmal so auf, wie sie in echt sind. Wir versuchen auch, ihre Anzüge, ihre Kleidung so exakt wie möglich zu treffen.

SZ: Angela Merkel, gespielt von Corinna Duhr, ist natürlich wieder dabei. Verraten Sie noch ein paar Politikernamen?

Nockherberg
:Immer drauf!

Die bayerischen Politiker mussten mächtig einstecken: Das Derblecken auf dem Nockherberg in Bildern.

Sarina Pfauth und Lisa Sonnabend

Biedermann: Wer Zeitung liest, der kommt von selbst darauf, wer noch dabei sein wird. Ich habe natürlich diejenigen rausgesucht, die am meisten hergeben. An Guido Westerwelle beispielsweise kommt man nicht vorbei.

SZ: Für Westerwelle brauchen Sie einen neuen Darsteller, denn Holger Paetz macht ja nicht mehr mit.

Biedermann: Für den Guido habe ich ein sehr, sehr gutes Double gefunden. Er heißt Robin Brosch, ein Musical-Darsteller aus Hamburg. Der Westerwelle ist ein ganz großer Favorit von mir, weil er wahnsinnig viel bietet, seitdem er Außenminister ist.

SZ: Vermutlich wird nicht nur gesungen, sondern es gibt auch Dialoge.

Biedermann: Ja, es ist genau wie in der Casting-Show im Fernsehen. Der Kandidat muss vor die Jury treten, und er wird ein bisschen auf die Probe gestellt. Da gibt's dann auch kritische Fragen, und dann kommt der Song. Ich lege großen Wert darauf, dass wir das sehr authentisch machen. Jeder bekommt seinen Starauftritt mit Spotlight und so. Die Texte der Songs sind ganz schön böse, aber man merkt das nicht so - das kommt ganz beschwingt daher. Man schaut ihnen gerne zu, und dabei demontieren sie sich selbst. Und ich möchte schon, dass sich der betreffende Politiker über sein Double kaputtlachen kann. Es soll witzig sein, aber nicht platt oder klamaukig. Auch wenn's böse ist, soll sich der Derbleckte amüsieren.

SZ: Bei Bully-Herbig-Produktionen spielt Politik offenkundig keine Rolle. Mussten Sie sich wegen des Singspiels eingehender mit der Materie befassen?

Biedermann: Ich habe mich schon immer um Politik gekümmert. Mein Vater ist CSU-Mitglied. Er hat zu Hause viel Politik gemacht, da war es für mich wichtig, so ein bisschen dagegen zu sein. Aber noch interessanter wird es, wenn man plötzlich die Möglichkeit hat, diesen Typen endlich mal eins mitzugeben, und das auf eine witzige und lustige Art. Dafür habe ich viel im Internet recherchiert, auf Youtube findet man die tollsten Ausrutscher und die bescheuertsten Reden. Das hole ich mir her und überlege, was man daraus machen kann.

SZ: Ihre Vorgänger haben sich über Zensur beklagt. Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen?

Biedermann: Ich muss jetzt mal für Paulaner ein Lob aussprechen. Ich bin begeistert über die Zusammenarbeit, auch über die Art und Weise, wie sie mich machen lassen. Wenn man miteinander kommuniziert, kommt man nach meiner Erfahrung fast immer auf einen gemeinsamen Nenner. Ich will auch nicht jemanden verbittern oder ihm weh tun, weil ich von der Bühne aus die Macht dazu hätte. Das ist nicht meine Art.

© SZ vom 18.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: