Neuer Münchner CSU-Chef:Das letzte Wort

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Der Münchner CSU-Chef Otmar Bernhard hat den bayerischen Kultusminister Ludwig Spaenle als seinen Nachfolger vorgeschlagen. Die Überrumpelten üben sich in Harmonie.

Dominik Hutter und Silke Lode

Josef Schmid hat es erst am Sonntag erfahren. Da hat Bezirkschef Otmar Bernhard angerufen und berichtet, was er mit Ludwig Spaenle schon vor einer Woche bei der Klausurtagung in Wildbad Kreuth besprochen hat - dass nämlich der Kultusminister den Vorsitz der Münchner CSU übernehmen soll und nicht etwa der OB-Kandidat Schmid. "Diesem Vorschlag habe ich mich nahtlos angeschlossen", erklärt Schmid am Tag danach und betont die konstruktive, ja freundschaftliche Zusammenarbeit mit dem Parteikollegen aus dem Kabinett. Spaenle versichert im Gegenzug, Schmid sei der "natürliche Anwärter" auf das Amt des Oberbürgermeisters. Man lobt sich, man versteht sich. Und tut dies ein bisschen zu plakativ.

Ludwig Spaenle soll die Münchner CSU anführen. (Foto: lok)

Dass die Rollen nun so harmonisch verteilt sind, dürfte vor allem den Strippenzieher im Hintergrund freuen: Otmar Bernhard, der nach der mühsamen Befriedung des Münchner Bezirksverbands eines unbedingt vermeiden will - dass es erneut zu Streit und Rivalitäten kommt. Schließlich wird seit langem auch Spaenle Interesse am "zweitschönsten Amt Bayerns", dem des Münchner OB nämlich, nachgesagt. Und dass sich Schmid durchaus vorstellen konnte, seine Position im Rathaus durch den Bezirksvorsitz zu stärken, ist mehr als nur ein Gerücht. Beide bestreiten inzwischen mit Nachdruck, jemals Ambitionen auf das Amt des jeweils anderen gehabt zu haben. Bernhard sei Dank.

Der 64-jährige frühere Umweltminister, dem Horst Seehofer aus Altersgründen den Kabinettsstuhl vor die Tür gestellt hat, geht schon seit einigen Monaten mit seiner Personalienidee schwanger. Entschieden hat er sich aber offenbar erst vor wenigen Tagen - und dann gleich mit Spaenle gesprochen, als sich eine gute Gelegenheit ergab. Der will nicht sofort zugesagt haben, "weil ich wichtige Entscheidungen grundsätzlich einmal überschlafe", wie der 49-jährige Schwabinger Kreischef betont.

Sonst war offenbar niemand in die einsamen Überlegungen Bernhards eingeweiht - die Teilnehmer der Vorstandssitzung am Montag versichern einmütig, vorher nichts gewusst zu haben. Und alle zeigen sich mit der Personalie zufrieden - auch wenn man das Vorgehen Bernhards durchaus als Überrumpelungstaktik werten könnte. Schließlich hatten die Vorstandsmitglieder kaum ihre Stühle im Konferenzraum der CSU-Zentrale in der Adamstraße geräumt, als schon die frühmorgens flugs per SMS benachrichtigte Presse anrückte, um über die Neuigkeit informiert zu werden. Bernhard selbst ist die Entscheidung über seine Nachfolge übrigens "leicht gefallen", wie er selbst sagt.

Dass der Generationswechsel an der CSU-Spitze gerade jetzt kommt, ist vor allem der Wahl-Arithmetik geschuldet. Denn 2013, wenn turnusgemäß das nächste Mal "Durchwahlen" auf sämtlichen Parteiebenen stattfinden, sind Landtags- und Bundestagswahlen. Auch die Münchner Kommunalwahl 2014 steht dann schon bald auf dem Terminplan. Da will man sich als Partei nicht erst neu sortieren müssen. "Das Timing ist gut begründet", meint denn auch CSU-Stadtrat Georg Kronawitter.

Ohnehin sei es in der CSU "ein offenes Geheimnis" gewesen, dass die Nachfolge an der Parteispitze auf Spaenle hinauslaufe. Kronawitter meint, wie er seine Partei kenne, werde es auch bei den Delegierten, die im Sommer die endgültige Entscheidung treffen, keine Differenzen geben. Ein anderes Vorstandsmitglied erzählt: "Spaenle wollte es machen. Bernhard hätte es vielleicht gerne nochmal gemacht, aber nicht mehr unbedingt. Da trafen zwei Interessenslagen aufeinander." Dass nun Spaenle vor Schmid zum Zuge komme, liege daran, dass es bei der CSU nun einmal keine Doppelspitze wie bei den Grünen gebe.

Bernhard ist im September 2004 an die Spitze der Münchner CSU gewählt worden, nachdem die Strauß-Tochter Monika Hohlmeier zurückgetreten war. Die Partei befand sich damals in einem erbärmlichen und moralisch höchst angreifbaren Zustand - parteiinterne Wahlen waren durch Mitgliederkauf manipuliert worden, Vorstandsmitglieder berichteten über Drohungen der Parteichefin, es gebe in eigens angelegten Dossiers "gegen jeden von euch was". Bernhard hat mit seiner ausgleichenden, gelegentlich etwas hemdsärmeligen Art den Kriegsschauplatz weitgehend befriedet - der letzte Schritt, mit der ungeliebten Vergangenheit aufzuräumen, war die Auflösung des von Aribert Wolf geführten CSU-Kreisverbands Süd-West.

Der Skandal um die Dossiers Hohlmeiers war auch die große Stunde von Spaenle, der nicht klein beigeben wollte und so maßgeblich zum Sturz der Parteichefin beigetragen hat. Inzwischen zählt der einstige Fernsehredakteur zu den Mächtigen in der CSU, und für Stadtrat Richard Quaas steht fest: Spaenle findet "für einen Nachfolger die besten Bedingungen seit 20Jahren vor".

© SZ vom 18.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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