Neubau:Frische Tomaten aus dem Dachgarten

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16 Stockwerke, geschwungene Fassaden, viel Grün und ein Blick bis zu den Alpen: Das neue Büro-, Hotel- und Wohngebäude im Quartier Baumkirchen Mitte kostet rund 92 Millionen Euro. Es entstehen 50 Wohnungen, ein Hotel mit 143 Zimmern und 9000 Quadratmeter Büroflächen

Von Renate Winkler-Schlang, Berg am Laim

Als der Kran die mit blauweißen Bändern geschmückte Richtkrone 60 Meter hoch in den Himmel hievt, erklingt Zarathustra von Richard Strauss. Gäste und Gastgeber beim Richtfest für das Büro-, Hotel- und Wohngebäude namens "Neo" im neuen Wohnviertel Baumkirchen Mitte sind sich offenbar einig, dass es für diesen wichtigen Anlass ruhig ein wenig pathetisch sein kann. Sie alle loben das Haus, das die CA Immo errichtet, als Wahrzeichen, als Landmarke oder Auftakt fürs neue Quartier und als gelungene Architektur. Das mag nun beim Bauherrn und Architekten nicht verwundern, doch zu den Laudatoren gesellt sich auch Bürgermeister Manuel Pretzl (CSU), der unlängst in München eine kritische Debatte zur Qualität von Neubauten angezettelt hatte. "Es ist eine Architektur, die anspricht", sagt Pretzl über das von Jan Schellhoff vom Amsterdamer Büro Unstudio entworfene Haus. Es werde München tatsächlich bereichern, mache den Standort Baumkirchen Mitte und das Stadtviertel zusätzlich attraktiver. Er könne da nur gratulieren und freue sich schon, wiederzukommen, wenn es fertig ist - obwohl man gute Architektur auch schon am Rohbau erkennen könne.

Richtfest für Neo. (Foto: Robert Haas)

Gelungen sei das gesamte Quartier, das auf der einen Seite zwar verdichtete, aber dank der geschwungenen Fassaden auch gute Bauten biete, und das auf der anderen Seite viel Grünraum lasse. Dieser stehe gleichzeitig für hohen Freizeitwert und für Rücksicht auf ökologische Belange. Die alte Halle des Eisenbahnersportvereins München Ost musste zwar abgerissen werden, erinnert Pretzl, doch der ESV bekomme derzeit am Rand des Quartiers eine neue moderne Halle. Dies trage ebenso zur Attraktivität bei wie beiden Kitas und die Einkaufsmöglichkeiten. Gut sei auch, dass hier viele Sozialwohnungen und solche im München Modell für die sogenannte Mittelschicht entstehen, so Pretzl.

Das neue Quartier soll auch Büros für flexibles Arbeiten beherbergen. Visualisierung: ca immo (Foto: bünck+fehse visualisierung und; CA Immo)

Rund 92 Millionen Euro investiert die CA Immo in den im Sockelbau sechs- und im Turm 16-stöckigen Komplex mit fast 20 000 Quadratmetern Nutzfläche. Es entstehen 50 Wohnungen auf 4930 Quadratmetern Fläche, ferner ein Hotel der Marke Hampton by Hilton mit 143 Zimmern, dazu 9000 Quadratmeter neue Büroflächen und drei Läden mit insgesamt 444 Quadratmetern. Das Dach wird begrünt und kann von den Bewohnern genutzt werden. Fertig ist das kleine Hochhaus Neo voraussichtlich im zweiten Quartal 2020 - dabei wird mit voller Kraft gebaut: Die Arbeiter machten auch an harten Wintertagen kaum Pausen und brachten in den unteren Etagen bereits die Fassadenelemente an, während oben noch Beton gegossen wurde. Dies ist aus dem stolzen Richtspruch zu erfahren.

Projektleiterin Sandra Cabrales,Norbert Stangelmayer, Jan Schellhoff,Manuel Pretzl und Christian Schiebl. (Foto: Robert Haas)

Architekt Jan Schellhoff begrüßt die Gäste mit einem holländischen Eingangssatz. Aus Amsterdam habe man sich auch abgeschaut, dass Architektur genügend Freiraum bieten müsse für urbanes Leben unter freiem Himmel, betont er, etwa zum Grillen, Tischtennisspielen oder für Kaffeetische. Es gebe aber auch große, sonnige Balkone, und vom Dach, wo man Bienen halten und Tomaten pflanzen könne, auch einen fantastischen Blick bis zu den Alpen. Neo sei gedacht als "selbstbewusster Hochpunkt", er sei froh, dass sich die Stadt "getraut" habe, hier diese Höhe zu genehmigen. Das Haus greife außen die Formensprache des Quartiers auf, im Bürotrakt werden neue, flexible Arbeitsformen möglich sein, erklärt er weiter.

Für die CA Immo sprechen Niederlassungsleiter Norbert Stangelmayer und der neue Münchner Entwicklungsleiter Christian Schiebl. Stangelmayer lobt Neo als "Green Building", Schiebl erklärte, das Bauwerk sei "die Krönung, das Tüpfelchen auf dem i" für Baumkirchen Mitte. "Wir haben hier bewusst auf Übertechnisierung verzichtet", erklärt er. Wichtig sei auch, dass man dem Bedarf nach Fahrrad-Stellplätzen oder E-Mobilität und vor allem dem nach "echter Gemeinsamkeit" mit der Architektur Rechnung trage. Die Baustelle sei durchaus herausfordernd gewesen, ergänzt der Redner, denn die Fläche zwischen Bahndamm und Hermann-Weinhauser-Straße ist sehr eng. Doch die Firmen hätten von der tiefen und schönen Baugrube an alles perfekt bewältigt.

Am Rande des Richtschmauses erklärt Bürgermeister Pretzl, er habe sein Lob nicht rhetorisch, sondern durchaus ernst gemeint. Und er habe schon überlegt, ob er nicht noch hätte sagten sollen, dass ein paar Stockwerke mehr dem Gesamteindruck des Gebäude keineswegs geschadet hätten. Der Bedarf wäre vorhanden.

© SZ vom 13.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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