Neuaubing/Westkreuz:Abgekühltes Verhältnis

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Ein Erlebnis für alle Sinne hätte der "Klimapark" im Neuaubinger Grüngürtel nach Vorstellung des Bundes Naturschutz werden sollen. (Foto: Florian Peljak)

Im sogenannten Grünzug L wollte der Bund Naturschutz eine sechs Hektar große Fläche kaufen, um einen "Klimapark" zu realisieren. Doch nach offenbar zähen Verhandlungen mit der Stadt steht das Projekt auf der Kippe

Von Ellen Draxel, Neuaubing/Westkreuz

Ein Waldspaziergang wirkt bei Sommerhitze wie ein erfrischendes Bad. Auch bestimmte Sträucher können bei der Abkühlung der Umgebung helfen, weil sie Wasser abgeben. Der vom Bund Naturschutz bereits vor acht Jahren geplante Klimapark namens "Magdalenenpark" im Grünzug L sollte solche Erfahrungen sichtbar und erlebbar machen - in vielfältigen kleinklimatischen Verhältnissen. Geplant war die Schaffung einer öffentlich zugänglichen Grünfläche mit verschiedensten Elementen zwischen der Bodensee- und der Aubinger Straße: Bäume und Sträucher, Teiche und Feuchtgebiete, Wiesen, Gemeinschaftsgärten und Kiesflächen sollten Besuchern Klimaphänomene wie Hitze und Kälte nahebringen. Lehrpfade und Infotafeln, auch ein Spielplatz sollten entstehen. Zugleich hätten Gehölze und deren Wuchsverhalten unter veränderten Klimabedingungen getestet werden können. Der Bund Naturschutz (BN) wollte dafür eigens Flächen erwerben, mit zweckgebundenen Geldern aus einer Erbschaft.

Doch nun steht die Realisierung dieses Klimaparks auf der Kippe. Der Landesverband des Naturschutz-Bundes hat nach jahrelangen, "zähen" Verhandlungen mit der Stadt ohne nennenswertes Ergebnis "die Fühler inzwischen anderweitig ausgestreckt", bestätigt der stellvertretende Geschäftsführer der Kreisgruppe München, Martin Hänsel. In welche Richtung, will er nicht verraten - zumal der Rückzug "noch nicht offiziell" sei. Einen Klimapark im Neuaubinger Grünzug zu schaffen, sei trotzdem "auf jeden Fall sinnvoll", betont Hänsel. "Nur muss es jetzt ohne unsere finanziellen Mittel gehen." Die Erbschaft, mithilfe derer die Umweltorganisation die rund sechs Hektar große Fläche im Grünzug L für die Umsetzung des Parks hatte kaufen wollen, ist zwar nicht zeitlich begrenzt. "Aber es gibt ja immer einen Testamentsvollstrecker, der auf eine zeitnahe Umsetzung achtet", begründet Hänsel die Entscheidung des Verbandes, aus der bisherigen Planung auszusteigen. Im Übrigen nutze es niemandem, wenn das Geld nicht verwendet werde.

Aubings Lokalpolitiker reagieren entsetzt. Sie geben der Stadt die Schuld für die Entscheidung des Bundes Naturschutz: "Wenn das jetzt tatsächlich nicht zustande kommt, wäre das schon ein starkes Stück", schimpfte Grünen-Lokalpolitikerin Dagmar Mosch in der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses Aubing-Lochhausen-Langwied. Auch die Bürgervertreter sind schon lange unzufrieden mit der Verwaltung in puncto Umsetzung des Grünzugs L. "Wir sind extrem verärgert, dass durch diese lange Hinhaltetaktik der Stadt so lange nichts passiert ist", so Mosch. Das Gremium selbst habe seit 2016 wiederholt Anträge gestellt und darauf nur teilweise Antworten erhalten. Außerdem gebe es einen Stadtratsbeschluss, den Grünzug zu ertüchtigen und eine inklusionsgerechte Wegeverbindung zu schaffen - im Sinne eines integrierten Stadtteilentwicklungskonzeptes für Neuaubing und das Westkreuz. "Zumindest einen Fuß- und Radweg hätte man in Angriff nehmen können." Stattdessen dränge sich inzwischen "der Eindruck auf, dass das Kommunalreferat seine Möglichkeiten hier nicht vollständig ausgeschöpft hat und den Worten leider keine Taten folgen lässt". Die Stadtteilvertreter fordern die Behörde daher in einem Dringlichkeitsantrag erneut auf, "den Grünzug L zum Klimapark zu entwickeln und eine durchgängige Wegeverbindung in Nord-Süd-Richtung zu erstellen".

Im Kommunalreferat verweist man auf die Eigentumsverhältnisse. Weil nicht alle Flächen des Grünzugs L in städtischer Hand seien und sich die Verhandlung mit den privaten Grundstücksbesitzern "schwierig und langwierig" gestalteten, ließen endgültige Ergebnisse noch auf sich warten. Im Teilbereich Klimapark aber hätten sich "gerade in den letzten Monaten Lösungsmöglichkeiten" eine Schulsportfläche betreffend abgezeichnet, sagt Sprecherin Maren Kowitz. "Und diese Verhandlungen sollten fortgeführt werden."

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Bund Naturschutz die neue Fläche jedoch schon ernsthaft in Erwägung gezogen. Denn dort ist der Park sofort umsetzbar. Weil es aber noch dauerte, bis der Verband letzte Sicherheit über das Grundstücksgeschäft hatte, wurde die Stadt erst informiert, als die Entscheidung definitiv feststand. Um welches neue Gebiet es sich dabei handelt, will der Bund Naturschutz Anfang Oktober bekanntgeben.

Endgültig begraben ist die Idee der Errichtung eines Klimaparks im Grünzug L damit aber nicht. "Die Stadt", sagt Kowitz, "wird den Grünzug L selbst weiterentwickeln." Dazu brauche es "ein entsprechendes Projekt und die dafür erforderlichen Mittel", die der Stadtrat bewilligen müsse. Das Planungsreferat arbeitet bereits an einer Beschlussvorlage, Gelder könnten eventuell vom Bund-Länder-Städtebauförderprogramm kommen. Offen bleibt der Zeitpunkt einer möglichen Umsetzung - angesichts einer klammen Finanz- und Personalsituation bei der Stadt und dem Problem des Flächenerwerbs, das bleibt.

© SZ vom 24.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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