Neuaubing:Aufbruchstimmung in der Adventskirche

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Trio für alle Fälle: Michael Bischoff, Kaitia Frey und Christine Untch (re.) bilden das "Super-Dreiergespann", wie sie sich selbst nennen. (Foto: Florian Peljak)

Mit Kaitia Frey, Christine Untch und Michael Bischoff hat die evangelisch-lutherische Gemeinde Neuaubing wieder ein komplettes Pfarrer-Team. Gemeinsam wollen sie Neues wagen - aber nicht zu Lasten des Bewährten

Von Ellen Draxel, Neuaubing

Die Chemie stimmt zwischen Kaitia Frey, Michael Bischoff und Christine Untch. Das mag am Alter liegen, alle drei Seelsorger sind relativ jung, 37, 32 und 49 Jahre alt. Es liegt wohl aber auch am Ziel des "Super-Dreiergespanns", wie sie sich selbst nennen: Gemeinsam wollen sie "Neues wagen", möchten Kirche wieder mehr in den gesellschaftlichen Mittelpunkt rücken.

Seit Oktober hat die evangelisch-lutherische Adventskirche München-Neuaubing wieder ein komplettes Pfarrerteam. Kaitia Frey, die seit dem Umzug des Pfarrer-Ehepaars Vocke nach Schweinfurt im Februar die Leitung der knapp 4000-Seelen-Gemeinde innehatte, muss die Verantwortung nun nicht mehr alleine schultern. Christine Untch, 15 Jahre lang Pfarrerin in der Immanuel-Nazareth-Kirche in Bogenhausen und dort unter anderem für die Kinder- und Familienarbeit zuständig, trat vor einigen Wochen die halbe Stelle von Kerstin Vocke an; Michael Bischoff übernahm die Vollzeitstelle von Bernhard Vocke. "Das ist meine erste Pfarrstelle, ich komme direkt aus dem Vikariat in Germering", erzählt der gebürtige Franke. "Ich genieße es sehr, hier zu sein, an der Seite erfahrener Kolleginnen."

Sämtliche Aufgaben eines Pfarrers werden die drei nun gemeinsam stemmen. Sie kümmern sich um Gottesdienste, Taufen, Trauungen, Beerdigungen, Seelsorge, Ökumene sowie die Betreuung von neu Zugezogenen. Auch Religionsunterricht zählt dazu. Ferner hat jeder eigene Schwerpunkte: Frey hat mit der Pfarramtsführung weiterhin "den Verwaltungskram an der Backe", wie sie sagt, und managt, bis ein neuer Verantwortlicher gefunden ist, die Gemeindebriefe. Untch macht die Seniorenarbeit, begleitet die ehrenamtlich Engagierten des Neuaubinger Clubs, in dem sich Menschen mit und ohne Behinderungen treffen, ist Ansprechpartnerin für alles Musische. Bischoff fällt die Arbeit mit den Konfirmanden und, weil die Diakonstelle noch vakant ist, die Jugendarbeit zu. Er steht zudem den Mini- und Kindergottesdienst-Gruppen sowie dem Kinderbibelwochen-Team zur Seite.

Nach Neuaubing wollten sowohl Untch als auch Bischoff, der Herausforderung in Freiham wegen. "Es ist schön, eine Gemeinde mitaufbauen zu dürfen", sagt Untch. Im Übrigen findet sie es "spannend, mal einen anderen Teil Münchens kennenzulernen". Dass die Adventskirche seit kurzem ein modernes Gemeindehaus und einen einladenden Vorplatz hat, passt ins progressive Selbstverständnis des Pfarrer-Teams. "Ein neues Haus ermöglicht auch eine neue Denkweise", erklärt Bischoff. Offener für die Bedürfnisse der Menschen seien die Räumlichkeiten mit dem Neubau geworden. "Wir haben jetzt eine mobile Kleiderkammer der Diakonia, und wir vermieten die Räume", sagt Frey. Inzwischen werde zum Beispiel Klavierunterricht im Gemeindehaus angeboten. "Damit sind wir als Kirche wieder präsenter, vernetzter."

Spürbar ist der Aufbruchsgedanke aber auch in der täglichen Arbeit der Pfarrer. "Früher sind die Leute zu uns gekommen, inzwischen gehen viele Familien nicht mehr in die Kirche", weiß Frey. Um die Menschen zu erreichen, müsse daher zur "Kommstruktur" eine "Gehstruktur" addiert werden. Bischoff besucht zum Beispiel die Kindergärten und übernimmt dort die religiöse Erziehung. Alle drei Seelsorger gehen in die Neubauviertel und organisieren vor Ort Veranstaltungen. Und sie feiern Gottesdienste in Schulen, in der Aula oder der Mensa. "Das beste Kompliment, das man mir machen kann, ist mir zu sagen, man habe mich telefonisch nicht erreicht", sagt Frey und lächelt. "Weil ich dann nämlich draußen bei den Leuten war und nicht am Schreibtisch."

Doch trotz aller Neuorientierung - zu Lasten des Bewährten, darin sind sich die Pfarrer einig, dürfen die Veränderungen auf keinen Fall gehen. Senioren etwa seien weiterhin zum Seniorennachmittag eingeladen. "Das ist ein spannender Spagat, den wir da in Angriff nehmen", meint Untch. "Aber es ist einer, den wir hinkriegen müssen." Kirche, so die Vision von Bischoff, Frey und Untch, soll wieder "gesellschaftsrelevant" werden. Eine "Herberge", die sich engagiert, wo sie gebraucht wird. Und in der sich alle Gruppen zuhause fühlen.

© SZ vom 02.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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