Museumsquartier:Ein Viertel als Bühne

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Bei der dritten Auflage des Kunstareal-Fests in der Maxvorstadt gibt es launige Dichter, kuriose Kunstaktionen - und jede Menge "Denkanstöße"

Von Cindy Riechau

Philipp Potthast hält sich für den schönsten Menschen auf der Welt. Selbst Aphrodite und Adonis verblassen neben ihm. Seine Fotos? Macht er "auf Photoshop hässlicher", um einigermaßen normal auszusehen, wie er in einem Gedicht verrät. Sein kritischer Text über das oberflächliche Streben unserer Gesellschaft nach Schönheit war einer von vier Beiträgen des Poetry Slams auf dem "Kunstareal-Fest". Dem diesjährigen Motto "Denkanstöße" wird der Slammer damit in jedem Fall gerecht. Mit mehr als 140 Führungen, Workshops und Darbietungen war die dritte Auflage des Events in der Maxvorstadt noch größer als in den Vorjahren.

Am Samstag und Sonntag durften die Besucher des Festivals außerdem alle teilnehmenden Museen umsonst besuchen. In der "Pinakothek der Moderne" drängten sich beim Poetry Slam viele Interessierte auf den Treppenstufen des Gebäudes, die zur Zuschauertribüne umfunktioniert wurden. Als Bühne fungierte der untere Treppenabsatz. Viele Finger gehen in die Höhe, als Moderator Bumillo, bekannt durch die BR-Sendung "Südlicht", nach denjenigen fragt, die das Format noch nicht kennen. "Das war wirklich witzig", schwärmt eine Zuschauerin später einer Freundin vor, die den literarischen Wettkampf verpasst hat. Auch bei den anderen Gästen kommen die Wortbeiträge, die nicht länger als sechs Minuten dauern dürfen, so gut an, dass sie gleich zwei Kandidaten ins Finale wählen. Außer Philipp Potthast muss auch Tilman Birr einen weiteren Text vortragen. Letzterer hatte die Zuschauer mit einer Hommage an den Humor in jeder Situation überzeugt. Für die Deutschen habe "alles seinen Ort und seine Zeit - auch der Humor". Zum Beispiel im Karneval, wo sich die Leute zum Lachen gar uniformierten. Dass das Nonsens ist, verdeutlichte der Poetry Slammer mit Worten und einer irrwitzigen Mini-Theaterperformance zu Helge Schneider's Lied "Katzenklo" und dem Johlen des Publikums. Nach dem Literaturwettstreit strömen die meisten Besucher dann in die umliegenden Ausstellungsräume und schauen sich auch noch die Dauer- und Sonderausstellungen an.

In der Thomas-Galerie gibt Silke Thomas derweil einen Einblick in ihre tägliche Arbeit als Galeristin. Zehn Jugendliche hören interessiert zu, als sie berichtet, wie sie für Kunden Kunstwerke aussucht und ihre Ausstellungsstücke auf Messen präsentiert. Wie sie die Kunstobjekte auswähle, die in das Sortiment der Thomas-Galerie aufgenommen werden, wollen die Mädchen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren wissen, und auch, wer denn die Kunden der Galerie eigentlich seien. Die sind ziemlich unterschiedlich, lernen die Jugendlichen von Silke Thomas: "Wir betreuen sogar Studenten, die Kunst sammeln." Bei er Führung "Hinter den Kulissen" sollen die jungen Leute einen Einblick in Kreativberufe gewinnen, schließlich stehen viele von ihnen gerade vor der Entscheidung, ob sie nach dem Schulabschluss in dieser Branche arbeiten wollen. "Wir wollen im Kunstareal Reibung, wirklichen Dialog und Interaktion", betont der Vorsitzende des "Förderkreis Kunstareal". Außer dem Blick hinter die Kulissen der Kunstberufe gibt es am Samstag und Sonntag deshalb auch diverse Gespräche mit Künstlern und angehenden Kunstsammlern.

Wer zwischendurch mal lieber etwas hören statt sehen möchte, kann in der Pfarrkirche Sankt Markus einer spirituellen Klangimprovisation lauschen. Das hat auch Peter Frest bis eben getan. Nun möchte er sich eine Führung durch die Schau des Comic-Künstlers Denis Kitchen ansehen. "Ich kenne schon viele seiner Bilder, die ich sehr ausdrucksstark und vielseitig finde." Das Kunstareal-Fest besucht der Münchner bereits zum zweiten Mal. "Ich finde es gut, dass so viele kunstinteressierte Bürger hier mal alle zusammentreffen."

Das entspricht auch dem Willen der Organisatoren: "Die Bürger sollen Neugier mitbringen und zum Flanieren durch unser aller Kunstviertel eingeladen werden", betonte etwa Kulturreferent Hans-Georg Küppers auf der Pressekonferenz vorab zum Event. In den vergangenen Jahren hatte das Festival mehr als 90 000 Besucher angezogen. Wie viele es in diesem Jahr waren, können die Veranstalter noch nicht sagen. Dass das "Kunstareal-Fest" aber auch diesmal großen Anklang findet, zeigen schon die zahlreichen Besucher, die sich in den Museen, Galerien und Hochschulen tummeln oder davor die Sonne genießen.

© SZ vom 26.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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