Munich Mash:Action-Park

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Die Parkbesucher waren begeistert vom Wagemut der Sportler - und nutzten bei gutem Wetter auch die Mitmachangebote. (Foto: imago/Plusphoto)

Fachkundige Fans, segelnde Räder, deutsche Unglücksraben und ehrgeizige Pläne: Der Munich Mash entpuppt sich als Zuschauer-Magnet - auch für Familien

Von Ralf Tögel und Sebastian Winter, München

Arno Hartung hat den zweiten Munich Mash als eine Bestätigung empfunden. Das darf der Geschäftsführer der Olympiapark GmbH (OMG) auch, dafür stehen nicht nur die fast 70 000 Zuschauer, sondern vielmehr deren Zusammensetzung. Wilde Burschen mit bunten Tätowierungen, Actionsportler mit Basecaps und noch bunteren Sonnenbrillen, Familien mit Kindern - und überhaupt viele junge, sportaffine Menschen. Sie wollte die OMG in den Park locken, diese Übung ist bestens gelungen.

BMX mit Tim und Tom

Ralph Reinert aus Aubing ist am Samstag mit seinen Söhnen Tim, 5, und Tom, 10, zum BMX-Wettbewerb in die Olympia-Eishalle gekommen. Stolze 50 Euro haben sie berappt, "dafür sieht man auch Stars, die man sich ansonsten nur im Internet anschauen kann", sagt Reinert. Tim und Tom fahren selbst BMX, oft auf einer aufgeschütteten Lehmstrecke in Aubing. Die Familie bleibt auch deshalb nicht mal bis zum Finale in der Halle - weil die Jungen doch lieber draußen beim Mash Fest die Mitmachangebote nutzen und selbst aufs Rad steigen wollen. Drinnen staunt der beste deutsche Street-BMX-Fahrer Bruno Hoffmann, der am Ende Vierter wird: "Die Atmosphäre hier war viel krasser als im letzten Jahr. Das Münchner Publikum scheint echt einen Plan zu haben." Hat es.

Lerneffekt im Park

Der Plan der Organisatoren geht jedenfalls auf beim diesjährigen Munich Mash. 67 000 Zuschauer sind gekommen, allein 15 000 schauen sich das - allerdings auch kostenlose - Mountainbike-Slopestyle-Spektakel an. Jeweils 4000 Fans haben Tickets für den Skateboard und BMX-Contest gekauft, Unzählige laufen über die Festmeile. "Wir haben vor allem am Samstag viel Glück gehabt, das hätte auch in die Hose gehen können", sagt OMG-Chef Hartung. Viel Wind behindert die Mountainbiker, deren Räder wegen der schnellen Rotation wie Segel wirken. Vor der Schanze fahren die Biker in ein windstilles Loch, wenn sie herauskatapultiert werden und in sechs, sieben Meter Höhe durch die Luft fliegen, ist das ein Problem. Immerhin verzieht sich die schwarze Wolkenwand wieder, die sich zusammengebraut hatte. "Das Konzept ist voll aufgegangen", findet Organisationsleiter Arno Seipp, "aber wir haben das auch verdient. Wir hatten einfach keine Lust mehr auf Absagen und Verschiebungen." Er meint die eher verregneten X-Games 2013 und den schon mehrmals abgesagten Ski-Weltcup am Olympiaberg. "Wir machen jetzt im dritten Jahr Actionsport im Park. Da gibt es auch einen gewissen Lerneffekt", findet Seipp.

Petes Fluch

Wichtig sind für die Veranstalter die so genannten "Local Heroes", deutsche Fahrer mit hohem Identifikationscharakter. Weil es derzeit im Mountainbike-Slopestyle keine absoluten Spitzenfahrer in der Region gibt, darf man das Einzugsgebiet schon mal ein bisschen großzügig gestalten, nach Rheinland-Pfalz etwa, Koblenz oder Mainz. Peter Henke, in der Szene nur Pete genannt, kommt aus der Stadt, die die Mainzelmännchen erfunden hat, er ist auch da, gut gelaunt, entspannt wie immer. Pete ist der wohl beste deutsche Fahrer, momentan trägt er aber diese doofe Manschette am Daumen, Henke hatte sich kurz vor dem Mash ein Band gerissen. Schon vor einem Jahr hatte er sich kurz vor dem Contest verletzt, war mit gebrochener Rippe angereist und musste letztendlich auf einen Start verzichten. "Ich glaube, es liegt ein Fluch auf mir und dem Olympiapark", sagt er und lacht, nächstes Jahr wird er es wieder versuchen. Mountainbiker sind nicht abergläubisch. Zur Party am Abend, die Actionsportler verstehen bekanntlich zu feiern, geht er natürlich hin. Auf solchen Events ist die Szene geschlossen da. Die Party? Die war gut, immerhin.

Pechvogel Amir

Als Local Heroe springt Amir Kabbani ein, der nicht nur ähnlich gut mit seinem Rad umzugehen weiß wie Henke, er ist ein Kumpel von Pete. Kabbani kommt aus Koblenz, genauer gesagt aus Boppard, dort hat er sich eine Strecke angelegt. Und weil Mainz und Koblenz gerade mal 80 Kilometer auseinanderliegen, trainieren die beiden oft zusammen. Amir war im vergangenen Jahr außer Gefecht, er hatte sich beim Trainieren zwei Brustwirbel gebrochen, zum Mash ist er wieder fit und in bestechender Form. "Ich hatte richtig Spaß", sagte er nach der Qualifikation, die er mit einem tollen und spektakulären Lauf als Neunter beendete. Damit ist er im Finale, dort aber will er zu viel - und stürzt. Drei Rippen gebrochen, statt Siegertreppchen Krankenhaus. Jetzt fallen Pete und Amir noch etwa sechs Wochen aus. Zum Mash will Kabbani wieder kommen, Mountainbiker, das weiß man ja, sind nicht abergläubisch.

47 000 Ideen

Olympiaparkchef Hartung ist ein Mann der Fakten, erst im vergangenen Dezember wurden die Verträge mit dem Munich Mash um fünf Jahre verlängert, mindestens vier Veranstaltungen werden der diesjährigen Ausgabe also noch folgen. Inhalt? "Es gibt 47 000 Ideen in unserem Team", sagt Organisationsleiter Seipp, "darunter ein paar super Vorschläge." Welche? Da lässt sich der braungebrannte Mann nicht in die Karten schauen. Die Überlegungen gehen aber dahin, sonntags eventuell noch eine Outdoor-Veranstaltung aus dem Actionsport-Bereich ins Programm zu nehmen. In diesem Jahr gab es am Abschlusstag "nur" Skateboard Street Rink in der Eishalle. Das hätten viele Besucher, die bei dem schönen Wetter durch den Park und das Mash-Fest spaziert seien, "nicht so richtig mitbekommen", sagt Hartung. Eis ja, aber lieber am Stiel. Auch die X-Fighter, also jene semi-verrückten Freestyle-Motocrosser, die 2014 über in den See gebaute Schanzen sprangen, sind wieder eine Option. "Vielleicht schon im nächsten Jahr", sagt Seipp. Vielleicht nehmen die Verantwortlichen ja auch die Anregung von BMX-Fahrer Bruno Hoffmann auf, der frecherweise sagt, dass es 2016 nach zwei ähnlich gebauten Kursen in den Vorjahren mal an der Zeit für einen neu designten Parcours sei: "Darüber werden wir intensiv nachdenken", sagt Hartung, der aber generell vor Größenwahn warnt und seinen Kollegen Seipp etwas bremsen muss: "Wir können nicht ununterbrochen draufsatteln, die finanziellen Zahlen müssen auch stimmen. Apropos Zahlen: In den nächsten Tagen wollen sie Kassensturz machen zum Munich Mash, die Berechnung der Gastronomieeinnahmen braucht Zeit. Angestrebt wird die schwarze Null. Rosige Aussichten.

© SZ vom 30.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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