Ein wildgewordenes Banjo im Flirt mit der hart geschlagenen Akustikgitarre, mehrstimmiger Schmeichelgesang zum stampfenden Beat - die Zutaten der Songs dürften in englischen wie amerikanischen Folk-Kreisen keinen Bartträger vom Schemel reißen. Dennoch sind sie die Bausteine eines der größten Pop-Phänomene der vergangenen Jahre: Mumford & Sons sind die Live-Band der Stunde.
Sich ihrem emotional aufgeladenen und furiosen Indie-Folk-Rock zu entziehen, käme dem Kunststück gleich, in einem Pub in Südengland Sartre lesen zu wollen, während um einen herum gefeiert wird, dass sich die Balken biegen. Auch dem Münchner dürfte schwindelig werden beim Aufstieg dieser 2007 formierten Band: Vor etwas mehr als drei Jahren stellten sich Marcus Mumford und seine Freunde - damals noch ein wenig schüchtern und gesanglich zuweilen etwas neben der Spur - im Atomic Café vor. Ein Musikmärchen später ist ihre zweite Platte mit dem Grammy für das Beste Album dekoriert und kürzlich gab's den Brit Award für die Beste Gruppe. Burschen aus London, die sogar in den USA Platz eins eroberten - das muss man sich mal vorstellen!
Die Erwartungen der Fans hätten also nicht höher sein können beim Auftakt zur komplett ausverkauften Deutschland-Tour. Eigentlich konnten die Allesgewinner nur verlieren - und haben restlos überzeugt. Dass eine Band, die sich größtenteils dem Akustik-Sound verschrieben hat, mal eben das Zenith füllt, kommt nicht gerade jeden Montag vor; dass es Musikern in dem schwer zu bespielenden Industrieklotz darüber hinaus gelingt, ein audiovisuelles Erlebnis voller Schönheit und Esprit zu kreieren, ist eine Sensation.
Gewinner der Grammys 2013:Tanz ums goldene Grammophon
Justin Timberlakes Auftritt war schon vorab als Highlight des Abends gehypt worden, die Preise waren nicht ganz so vorhersehbar. Nun stehen Mumford & Sons, die Black Keys und Fun als große Gewinner der Grammys 2013 fest - mehrere Abräumer der vergangenen Jahre mussten sich eher bescheiden zeigen.
Die mehrstimmigen Gesangsparts kommen verblüffend klar und sauber beim Publikum an, nahezu jedes Wort der wohlformulierten Zeilen ist zu verstehen, jeder Banjoton nachzuvollziehen. Die Setlist ist ein Best-of der beiden Erfolgsplatten. Bereits bei den Eröffnungsstücken "Babel" und "I Will Wait" erweist sich das Publikum als textsicher und feierfreudig.
Marcus Mumford empfiehlt sich nicht nur als charismatischer Frontmann mit fordernder Stimme; regelmäßig wechselt der gelernte Schlagzeuger, Jahrgang 1987, an die Drums und beweist seine Multitasking-Tauglichkeit.
Weitere Besetzungsrotationen, Ergänzungsspieler wie Bläser und ein Geiger, sowie der Lichterreigen riesiger Leuchtgirlanden sorgen für Abwechslung an diesem Abend ohne Tiefpunkte. Die geschickt konstruierte Harmonik der allzeit angenehmen Songs lullt den Zuhörer eineinhalb Stunden ein. Mumford & Sons bieten keine Reibung, nur Heilung.