Münchner SPD wählt Axel Berg ab:Das Beben nach der Wahl

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Der Ton ist rüde: Die unerwartet klare Abfuhr für Axel Berg sorgt in der Münchner SPD für gegenseitige Anfeindungen. Der siegreiche Konkurrent Post wird als "Vollpfosten" geschmäht, Parteichef Pfaffmann kritisiert Berg ungewöhnlich deutlich.

Peter Fahrenholz

Die unerwartet klare Abfuhr für den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Axel Berg bei der Nominierungsversammlung im Münchner Norden sorgt in der Münchner SPD für heftige Gemütsaufwallungen und gegenseitige Anfeindungen. Berg, der den Wahlkreis im Münchner Norden schon drei Mal direkt gewonnen hatte, wurde von dem 31-jährigen Nachwuchspolitiker Florian Post mit 50 zu 26 Stimmen aus dem Feld geschlagen und sprach danach selber von einer "Hinrichtung erster Klasse".

Axel Berg, 2009 Axel Berg, Bundestagsabgeordneter der SPD im Streitgespräch mit seinem Gegenkandidaten im Wahlkreis München Nord bei der Bundestagswahl 2009, Johannes Singhammer von der CSU. (Foto: Stephan Rumpf)

Das sehen seine Anhänger genauso, wie zahlreiche Beiträge im Internet zeigen. Dabei werden zum Teil auch sehr rüde Töne angeschlagen. So wurde der siegreiche Post in einem Beitrag als "Vollpfosten" geschmäht. Münchens SPD-Parteichef Hans-Ulrich Pfaffmann hält die Kritik aus dem Berg-Lager für "komplett überzogen" und verwahrt sich entschieden dagegen, den Sieger Post als Profiteur einer Hinterzimmermauschelei abzustempeln.

"Das war eine demokratische Wahl", sagt Pfaffmann, und das deutliche Ergebnis zeige die Stimmungslage in der Partei. Pfaffmann selber hatte vor der Wahl eine klare Präferenz für Post erkennen lassen, ohne allerdings dafür konkrete Gründe ins Feld zu führen. Jetzt, nach der Wahl, wird deutlich, dass es offenbar schon seit längerem einen tiefen Graben zwischen Berg und großen Teilen der Münchner Partei gibt.

Pfaffmann jedenfalls kritisiert Berg nun in ungewöhnlich deutlicher Form. "Axel Berg hat leider den Fehler gemacht, dass er in der Partei nicht mehr präsent war". Diese Kritik wird auch von anderen in der SPD geteilt. "Berg hat zweieinhalb Jahre nichts getan", sagt Landtagsvizepräsident Franz Maget, Pfaffmanns Vorgänger als Münchner SPD-Chef.

Natürlich müsse man Verständnis dafür haben, dass Berg nach seiner Niederlage bei der Bundestagswahl 2009, die für ihn das Aus als Bundestagabgeordneter bedeutet hatte, weil er auf der Liste nicht abgesichert war, erst einmal in ein Loch gefallen sei. Berg habe sich aber auch nach einer Übergangszeit weder in der Partei engagiert, noch sei er in den einschlägigen Vereinen und Verbänden aufgetaucht, kritisierte Maget.

Für SPD-Chef Pfaffmann hat die aktive Mitarbeit in der Partei nichts mit Gremienhuberei zu tun. Eine Partei müsse von den Leuten, die sie in die Parlamente schicke, auch eine Gegenleistung erwarten dürfen, argumentiert Pfaffmann.

Zu enges Spektrum

Wer sich in der Münchner SPD umhört, stellt schnell fest, dass die mangelnde Präsenz nicht der einzige Grund für Bergs Abwahl ist. Offenbar ist Berg auch seine Beschränkung auf die Energiepolitik zum Verhängnis geworden, er galt vielen in der Partei als thematisch zu limitiert. "Der Axel ist auf vielen Feldern völlig blank", er sei in allgemeinen politischen Fragen "eher schwach", kann man in der SPD hören. Parteichef Pfaffmann macht keinen Hehl daraus, dass er das genauso sieht. Bergs siegreicher Gegenkandidat Florian Post sei "durchaus breiter aufgestellt".

Außerdem wird Berg in der SPD eine "pausenlose Profilierung" zu Lasten der eigenen Partei vorgeworfen. Berg habe immer wieder auf seine Siege als Direktkandidat hingewiesen. In der politischen Welt der bayerischen SPD kommt dies aber offenbar besonders schlecht an. Leute, die in Gegenden kandidieren müssten, wo man als SPD-Bewerber keine Chance habe, ein Direktmandat zu gewinnen, bekämen bei einem derartigen Selbstlob irgendwann "einen dicken Hals". Berg habe es einfach "an Demut gefehlt", heißt es.

Bei einem solchen Sündenregister stellt sich die Frage, ob eigentlich jemand aus der engeren oder weiteren SPD-Führung einmal mit Berg geredet hat, um ihn über die wahre Stimmungslage und ihre Gründe aufzuklären. Parteichef Pfaffmann räumt ein, er habe mit Berg "von mir aus nicht gesprochen". Pfaffmann hätte die Initiative zu einem klärenden Gespräch aber eher von Berg erwartet. "Auch der Axel Berg ist nicht der große Weltsuperstar, da hätte auch von ihm mal ein Anruf kommen können", sagt Pfaffmann.

Pfaffmann will jetzt auf die Berg-Anhänger zugehen und sie dazu bewegen, die innerparteiliche Auseinandersetzung zu beenden. Wahlen zu verlieren, gehöre in einer Demokratie dazu. "Es ist kindisch, sich jetzt in den Schmollwinkel zurückzuziehen", sagt Pfaffmann. Auch Axel Berg habe "jede Möglichkeit, sich weiter in der SPD zu engagieren".

© SZ vom 24.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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