Münchner Momente:Was nichts kostet, ist nichts wert

Lesezeit: 1 min

Die Grünen wollen die Gebühren abschaffen, die Schulklassen für einen Besuch im Rathaus zahlen müssen. So wie es im Landtag längst der Fall ist. Doch über das Gegenteil sollten die Stadträte nachdenken

Kolumne von Dominik Hutter

Demokratie ist teuer, vor allem wenn man viele Kinder hat. Der Nachwuchs, der den Eltern bekanntlich ohnehin die Haare vom Kopf frisst, geht irgendwann zur Schule und mit dieser dann ins Münchner Rathaus. Demokratie gucken. 75 Euro kostet das pro Schulkasse, bemängeln nun die Stadtrats-Grünen, Führung inklusive (das Rathaus selbst kostet bislang noch keinen Eintritt). Was bei einer Klassengröße von 25 immerhin drei Euro je Kind macht. Dazu kommen die Fahrtkosten - für viele Eltern kann das zum Problem werden.

Nun gilt auch im Rathaus die alte Weisheit: Wo gelöhnt wird, verdient stets auch jemand. In diesem Fall die Stadt. Bei mehreren hundert Schulklassen kommt da einiges zusammen. Wenn es dann noch so läuft wie vergangenen Dienstag, als der Kreisverwaltungsausschuss mangels weiterer Tagesordnungspunkte schon nach wenigen Minuten eine Schulklasse wieder hinauskomplimentierte, darf das Preis-Leistungsverhältnis beim Stadtratsbesuch zumindest als ausbaufähig bezeichnet werden. Für den Louvre in Paris beispielsweise zahlen Jugendliche gar nichts. Und der ist ja auch ganz nett.

Das will die Fraktion der Grünen nun auch für das Münchner Rathaus haben. Die Führungen durch die heiligen neugotischen Hallen sollen künftig gratis sein, im Sinne der Demokratie. Nur mal so als Ansporn: Der Landtag erstattet seinen Schüler-Besuchern sogar die Anfahrtskosten, selbst das Anmieten eines Busses mit zwei Fahrern ist auf Kosten des Landtagsamts möglich. Dazu kommt ein kostenloser Mittagsimbiss. Im Gegenzug werden die Besucher gebeten, auf das Beschmutzen oder Beschädigen des Gebäudes zu verzichten. Ein fairer Deal.

Andererseits gilt das weit verbreitete Motto: Was nichts kostet, ist nichts wert. Nach dieser Logik könnte man den Schülern über hohe Eintrittspreise eindrucksvoll den Wert der kommunalen Demokratie vermitteln. So ein Stadtrat ist schließlich kein Billigheimer, sondern sozusagen der durch Wahlen legitimierte Organisator des Alltäglichen. Wer anschließend noch beim Mittagsimbiss im Ratskeller einen Zwiebelrostbraten für 29 Euro bestellt, dürfte künftig schon beim bloßen Anblick des Rathauses ehrfurchtsvoll erstarren. Die Stadtspitze wird sich entscheiden müssen, nach welchem philosophischen Denkmuster die Preise für Besuchergruppen gestaltet werden. Entweder ganz gratis - oder sauteuer.

© SZ vom 30.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: