Münchner Momente:Musik im Mittelstand

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In der Werbung treiben sie komische Dinge. Das ist natürlich alles in höchstem Maße albern

Kolumne von Stephan Handel

Es reicht ja nicht mehr heutzutage, dass auf den Plastiktüten der Name und die Telefonnummer des Geschäfts stehen. "Corporate Design" heißt das jetzt, und das bedeutet, dass noch der mittelständischste Fliesenleger nicht nur einen originellen Werbespruch sein eigen nennt ("panta rhei - Alles fliest"), sondern dass vom Auto bis zum Schraubenzieher alles in der s ignature colour eingefärbt ist, die meistens die Ehefrau aus der Palette ihrer Nagellacke ausgesucht hat.

Damit, mit der einheitlichen Farbgebung aller Betriebsutensilien, hört es aber noch lange nicht auf. Ambitionierte Firmen haben natürlich nicht nur eine Website, sondern diese, ebenso wie eventuell vorhandene Werbespots, unterlegt mit einem speziell für dieses Unternehmen komponierten Audio Design, wofür extra ausgebildete Musikproduzenten zuständig sind, die genau wissen, warum zur Firma X die Tonart A-Dur passt, während die Firma Y durch ein pastorales es-Moll angemessen repräsentiert wird. Andere Unternehmen bedienen sich an schon vorhandenem Tonmaterial - das sogenannte "Erdinger Weißbierlied" heißt im traditionellen Original "Meim Vater sei Häuserl" und kulminiert in der Strophe "Hiaz hab i halt gheirat, was hab i davo? / A Stubn voller Kinder, an grantigen Mo." Vielleicht sollte sie ihm mehr Weißbier zu trinken geben gegen den Grant.

Das mit der Firmenmusik ist natürlich alles im höchsten Maße albern - als würde jemand ein Produkt deswegen kaufen, weil ihm die Melodie nicht mehr aus dem Sinn geht; im Gegenteil ist ja ein Ohrwurm eines der unangenehmsten Dinge überhaupt. Die Firmenbesitzer, nicht nur die Fliesenleger, sollten sich also nicht zu viel einreden lassen von den Leuten, denen das Einreden zur Profession geworden ist. Andererseits: Dass dieser eine Supermarkt in der Agnes-Bernauer-Straße nicht den ganzen Tag Beatles-Lieder spielt, ist eindeutig eine verpasste Chance. Der Supermarkt nämlich, so steht's an den Schaufenstern, trägt den Namen "Penny Laim".

© SZ vom 15.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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