Platsch! Das klang doch gerade wie ein verunglückter Kopfsprung im Freibad. Doch auch wenn mancher Spaziergänger wegen der Hitze wohl am liebsten in den Schlosskanal neben der Auffahrtsallee spränge, nirgends ist ein Schwimmer zu entdecken. Hat also ein Unvernünftiger einfach irgendwas im trüben Wasser verschwinden lassen? Fahrräder, Koffer - all das wird ja wieder sichtbar, wenn im Herbst die Gewässer rund um das Schloss Nymphenburg abgelassen werden. Doch da: Ein kolossaler Fischkörper schnellt kraftvoll aus dem Wasser, um dann ebenso plump wie laut wieder hineinzufallen. Na ja, einen Hecht wird ein Karpfen aus naheliegende Gründen nicht vollführen wollen, aber etwas eleganter könnte es schon sein.
Karpfenspringen an diesem Sommernachmittag, und der Stadtmensch am Ufer kann sich nur noch wundern. Warum tut der Fisch so etwas? Die Theorien der Experten, die ein Blick ins Smartphone preisgibt, sind auch nicht vollends schlüssig: Sauerstoffknappheit vermuten die einen, Hunger nach Insekten, die auf der Wasseroberfläche treiben, die anderen. Letzteres scheidet aus, weil die Karpfen im Kanal von Tierfreunden mit Brotkrümeln eh schon ins Kugelfischformat gefüttert werden. Das arme Tier versuche sich mit solchen Sprüngen von Parasiten zu befreien, lautet ein weiterer Erklärungsversuch. Aber könnte es nicht auch sein, dass der tückische Fisch mit seinem Kunststück harmlose Passanten erschrecken will? So eine Art hochsommerliche Revanche für das Knallen der Eisstöcke und das Kratzen der Schlittschuhkufen auf dem Eis, die ihn Monate zuvor in seiner Winterträgheit tief drunten im Schlamm immer wieder aufgeschreckt haben.
Naturschauspiele gibt es nicht nur rund um die Uhr auf allen Fernsehkanälen, sondern auch in echt inmitten einer Großstadt. Im Fall der springenden Schlosskarpfen verwundert es beinahe schon, dass die noch niemand als international vermarktbares Event entdeckt hat. So als Münchner Episode zwischen Schönheitsgalerie und Hofbräuhaus.