Münchner Momente:Münchner Plakatsalat

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Wie Parteien und Kandidaten für die Bundestagswahl werben, erinnert stark an die Fortsetzung eines Loriot-Sketches mit anderen Mitteln

Von Anna Hoben

Der beste Platz für einen Politiker ist das Wahlplakat, diese Einschätzung ist seit Loriot in humoristischen Stein gemeißelt: "Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen." So gesehen ist zurzeit die beste Zeit, denn da haben wir nun den Plakatsalat, an jedem zweiten Pfosten in der Stadt. 35 Männer und fünf Frauen wollen von München aus in den Bundestag einziehen. Auch in puncto Geschlechterverteilung hat sich also seit Loriots Hochzeiten wenig geändert, jedenfalls in Bayern. Und die Sache mit der Geräuschlosigkeit auf Wahlplakaten, die ist, seit es Facebook, Twitter und Youtube gibt, gar nicht hoch genug einzuschätzen.

"Sicherheit", rufen die Plakatpolitiker den Passanten geräuschlos zu, oder: "Bildung". Ebenso könnte da natürlich stehen: "Pizza" oder "Bier", würde die Leute vermutlich mehr ansprechen. Neben leeren Schlagworten sind Wortspiele besonders hoch im Kurs, je einfallsloser, desto besser. "Loos geht's", jubelt ein Kandidat, ein anderer verkündet: "Post für Sie". No games with names, so heißt eine Regel im Journalismus, keine Namensspielchen, denn für seinen Namen kann niemand was, und nicht jeder hat einen so harmlosen wie Bernhard Loos (CSU) oder Florian Post (SPD). Den Politikern selber sind solche Regeln freilich egal - alles für den Wahlkampf. Interessant ist auch die Strategie einer Kleinpartei, die früher mal im Bundestag vertreten war. Sie kommt auf ihren Plakaten ohne Politiker-Konterfei und ohne Wortspiel aus, setzt eher auf Verwirrung. Ein Flammensymbol, schwarz auf gelb, darüber der Satz: "Schauen wir nicht länger zu." Zuschauen, wobei? Wer ist wir? Und wenn ja, wie viele? Rätsel über Rätsel.

Der erste Preis für absurde Wahlplakate geht jedoch an Wolfgang Stefinger. Der CSU-Abgeordnete im Münchner Osten wünscht sich und dem Wahlvolk zurzeit nichts weiter als "Schöne Ferien". Im Grunde ist es die Fortsetzung eines Loriot-Sketches mit anderen Mitteln. Die Fortsetzung von Herrn Graupner und Herrn Müller-Meisenbach, SPD- und Unionspolitiker, die in einer Fernsehsendung abwechselnd einander und das unausgewogene Fernsehen beschimpfen. Zum Schluss dürfen beide noch ihre Wahlsprüche präsentieren: "Sicherheit für Deutschland" und "Für Frieden und Freiheit". Zu lang, mäkelt die Moderatorin, kürzer bitte, es bleibe für jeden noch eine Drittelsekunde. Kamera auf Herrn Graupner: "Dtschlnd". Kamera auf Herrn Müller-Meisenbach: "Ffffff". Die beiden Herren wirken zufrieden. Ebenso hätten sie natürlich auch sagen können: "Bier". Oder eben: "Schöne Ferien!"

© SZ vom 28.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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