Münchner Momente:Königlich auch ohne Queen

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Sollen die Münchner beleidigt sien, dass die Queen Berlin und Frankfurt besucht, aber nicht München? Quatsch! Ein bisschen münchnerisch war es doch auch dort

Von Stephan Handel

Ach Gott, sollen wir da jetzt wirklich beleidigt sein? Dass die englische Königin Berlin besucht und Frankfurt, aber nicht München? In die Hauptstadt muss sie, wenn schon Staatsbesuch ist, da kann die Abneigung gegen vollbärtige Männer noch so groß sein. Aber Frankfurt? Gerade mal halb so viele Einwohner wie München, und die meisten Deutschen kennen die Stadt nur aus den Börsennachrichten vor der Tagesschau, wo täglich irgendjemand erklärt, warum seine Prognose von gestern heute doch nicht eingetroffen ist.

Wahrscheinlich hat das Protokoll der Aktiv-Seniorin aus London klar gemacht, dass sie es in Hessen durchaus leichter hätte als in Bayern. Denn dem Münchner ist zwar eine gewisse monarchistische Ader durchaus zu eigen - allerdings nur, was seine eigene Herrscherfamilie anbelangt, nicht irgendwelche ausländischen, die zudem noch auf Hannover, also Preißn, zurückzuführen ist. Fraglich, ob Elizabeth auch hier auf ähnlich viele Fähnchenschwinger getroffen wäre wie droben in Frankfurt. Eher hätte sich die Verehrung bei uns auf die Leute beschränkt, die dazu beruflich verpflichtet sind: Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier durfte der Queen drei Mal die Hand schütteln und kam dabei zu der Erkenntnis, dass sie eine beeindruckende Persönlichkeit sei - eine Einsicht, die Horst Seehofer gewiss auch nicht schwergefallen wäre. Aber die Ludwigstraße als Live-Inszenierung des Goldenen Blatts mit den Münchner als Statisten? Schwer vorstellbar.

Also ist das schon recht, dass die Königin in Frankfurt neben dem wahrscheinlich eher unangenehmen Erlebnis, drei Mal Volker Bouffier berühren zu müssen, das Lied eines Kinderchors hörte und sich die Goldene Bulle anschaute, wobei sie wahrscheinlich zu höflich war auszusprechen, was sie dachte: "Goldene Bulle? Pah - da solltet ihr erst mal unsere Magna Charta sehen." Danach gab's Mittagessen, und dabei zeigte sich, spät aber doch, dass ohne München in Deutschland gar nichts geht: Das Menü, wegen einer Verspätung des Staatsgastes von vier auf drei Gänge reduziert, kam von der Frankfurter Opernrestauration, die betrieben wird von Roland Kuffler und Gerd Käfer selig. Und die wiederum stammen woher? Genau.

© SZ vom 26.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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