Advent, das bedeutet Ankunft. Dies nur vorweg zur Erinnerung, falls Ihr Gemeindepfarrer Sie am Wochenende nicht angetroffen hat und Sie auch die Morgenandacht im Radio verpasst haben sollten. Wäre zu Christi Geburt nicht Latein die Weltsprache gewesen sondern bereits Englisch, würden wir wahrscheinlich jetzt den Heiligen Countdown feiern. Denn was ist ein Adventskalender anderes als ein Countdown bis zur Ankunft des Herrn beziehungsweise - vor allem für die jüngeren Christen - bis zur Ankunft reicher Gaben?
Dem Computer sei Dank gibt es dafür inzwischen präzisere Messinstrumente als die technisch doch etwas aus der Zeit gefallenen Papphäuschen mit nummerierten Türen, die man Tag für Tag umständlich aufgnibbeln muss, um den Fortschritt sichtbar zu machen. Elektronische Trackingsysteme bilden den Weg bis zur ersehnten Ankunft flexibler ab. Der Status "Die Sendung wurde elektronisch angekündigt" ist dabei nicht weniger mystisch als die Verkündigung durch den Engel Gabriel. Denn bis eine Verkündigung durch den Heiligen Zalando tatsächlich zu einer Abholung durch den Packesel DHL führt, können Stunden vergehen oder auch Tage und niemand konnte die Gesetze dahinter je ergründen.
Selbst Traditionalisten müssen zugeben: Statusmeldungen wie "wurde im Start-Paketzentrum bearbeitet" und "wurde in das Zustellfahrzeug geladen" sind viel besser geeignet, sehnsüchtige Erwartung ins Unermessliche zu steigern, als ein Ring aus Tannenreisig, auf dem jede Woche eine neue Kerze brennt. Zumal man jederzeit mit überraschenden Wendungen rechnen muss. Etwa wenn die Polizei dem Boten den Führerschein entzieht, wie an diesem Montag in Freimann geschehen. Dort hatten sich zwei Zustellfahrer in der verkehrsberuhigten Zone ein Rennen geliefert. Mit quietschenden Reifen und waghalsigen Überholmanövern. Solche Missgeschicke stecken wohl dahinter, wenn nach einem Tag bangen Wartens an der Wohnungstüre der Status wieder zurückfällt auf "wurde im Ziel-Paketzentrum bearbeitet".
Das Schönste aber ist das interaktive Element zum Schluss. Wird einen das Schicksal zum Nachbarn führen? Zum Kiosk an der Ecke? Oder zur Filiale am anderen Ende der Stadt? Am Ende überwiegt die Erleichterung und man wünscht leise: einen besinnlichen Countdown.