Münchner Momente:Gut, dass wir verglichen haben

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Wenn der Münchner einen Modetrend entdeckt, lässt er ihn nicht so schnell los. Bis es soweit kommt, kann es allerdings dauern

Von Franziska Gerlach

Mit Städtevergleichen ist das so eine Sache: Sie nerven, einerseits, zumal man als Münchner daraus regelmäßig als provinzielles Depperl hervorgeht, das den Trend erst erkennt, wenn er sich andernorts schon wieder vom Acker macht. Andererseits: Über irgendetwas muss man ja reden, wenn sich die Gespräche über Job, Liebe und den letzten/nächsten Urlaub erschöpft haben. Und gerade in der Mode hilft so ein bisschen Kategorisieren ungemein. Denn wie soll man denn sonst merken, dass man hier manchmal etwas länger braucht als in der lässigen Sneaker-Hochburg Köln, der coolen Parka-Stadt Hamburg oder in Berlin, der funky-punky Brillen-Metropole?

Die modisch leicht verlangsamte Gangart des Münchners mag irritieren, wenn man bedenkt, dass Phänomene wie balkendicke Augenbrauen über die sozialen Medien in Windeseile ganze Kontinente vereinnahmen. Doch der Isarbewohner ist halt von der treuen Sorte, und hat er einmal etwas für gut befunden, lässt er es so schnell nicht mehr los. Nach der Kunstfell-Kapuze kommen die Münchner und Münchnerinnen gerade etwa einfach nicht über den Blouson hinweg, der vor ein, zwei Jahren gemeinsam mit seinen Verwandten, der Bomber- und der Collegejacke, aus der Versenkung aufgetaucht war.

Mit der neuen Wadenlänge bei Wintermänteln, für die sich wiederum die Modepresse eingesetzt hatte, konnten sich bislang trotz frostiger Temperaturen nur die hipsten Hipster anfreunden. Dafür gibt es Gründe: Erstens, sieht die zum langen Mantel obligate Mütze aus wie ein halb ausgerolltes Kondom. In einem Blouson dagegen lässt es sich - zweitens - hervorragend Blondinen anlocken (siehe bereits "Monaco Franze - Der ewige Stenz", Folge 8: "Macht's nur so weiter!"). Und drittens haben sich nirgends sonst junge Designer dem sportlichen Klassiker in vergangenen Saisons mit so viel Hingabe angenommen wie in München. Anja Pawlik und Lilly Ingenhoven zum Beispiel, Marcel Ostertag ergänzt die Reihe seiner Interpretationen fürs kommende Frühjahr sogar noch um ein Modell aus silberner Spitze. Der Damenmodeschöpfer ist zwar in diesem Jahr von der Isar an die Spree gezogen. Aber da sind wir jetzt eben ausnahmsweise auch mal funky-punky und sagen: Eins zu null für München, das Berlin, Köln oder Hamburg da ganz cool und lässig in die Jacke steckt.

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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