Münchner Momente:Es ist ein Kreuz mit dem Dieb

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Der spektakuläre Kunstraub von Dresden bekommt durch einen Vorfall in München möglicherweise eine neue Dimension. Wie nun bekannt wurde, hat es im hiesigen Rathaus eine ähnlich dreiste Aktion gegeben

Kolumne von Anna Hoben

Der spektakuläre Kunstraub im Grünen Gewölbe in Dresden bekommt durch einen Vorfall in München möglicherweise eine neue Dimension. Wie nun bekannt wurde, hat es einige Wochen vor dem Juwelendiebstahl im hiesigen Rathaus eine ähnlich dreiste Aktion gegeben. Unbekannte stahlen im Sitzungssaal der CSU-Fraktion erst eine Glocke und dann ein Kruzifix von der Wand - sozusagen ohne Rücksicht auf Verluste. Ob es dieselben Andenkenjäger waren wie in Sachsen, ob München mithin der Testlauf für Dresden gewesen sein könnte, das soll nun die länderübergreifende Sonderermittlungsgruppe "Kruzjuwel" klären.

Irgendwann im September oder Oktober müsse es wohl gewesen sein, sagt ein Sprecher der CSU-Fraktion. Dass die Glocke fehlte, fiel schnell auf. Denn damit pflegte der Vorsitzende in der montäglichen Fraktionssitzung die Kollegen zur Ruhe zu läuten. Etwas später, vielleicht nach einer Woche, merkte jemand, dass auch das Kreuz weg war. "Man schaut ja nicht jeden Tag, ob das noch da ist." Dabei hatte es sich nicht um ein Kreuzchen gehandelt, sondern um ein ausgewachsenes Kreuz - wie sich das jemand übers Kreuz legen und es davonschleppen konnte, ist durchaus erstaunlich.

Nun ist das Münchner Rathaus, was die Sicherheit angeht, freilich nicht mit der sächsischen Schatzkammer vergleichbar. "Die Fraktion ist kein Hochsicherheitstrakt", räumt der Sprecher ein, wöchentlich gingen dort 200 Menschen ein und aus. Die CSU jedenfalls versucht nun, das verlorene Kreuz nicht als schlechtes Omen für die bevorstehende Kommunalwahl zu deuten. Weil es irgendwie weitergehen muss, stimmten die Stadträte ab und beschlossen, das Kreuz zu ersetzen. Fragt sich, wie lange es hängen bleiben wird. Denn, wer weiß, womöglich stammt der Dieb ja auch aus den eigenen Reihen. Vielleicht muss man überlegen, wer neuerdings in den Räumen ein- und ausgeht. Ende September lief bekanntlich der Fraktionsvorsitzende der SPD zur CSU über. Falls der Neue einfach einen bleibenden Eindruck hinterlassen wollte, ist es ihm gelungen.

© SZ vom 29.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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