Münchner Haushalt:Sparduell zwischen Ude und Seehofer

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Aus minus mach plus: Der Kämmerer Ernst Wolowicz hat zum zweiten Mal die städtische Bilanz nach oben korrigiert. Die Rathaus-CSU glaubt, dabei gehe nicht alles mit rechten Dingen zu. Das Thema Haushalt dürfte eine große Rolle im Landtagswahlkampf 2013 spielen.

Dominik Hutter

München hat in diesem Jahr so viel Gewerbesteuer eingenommen, dass Kämmerer Ernst Wolowicz nun zum zweiten Mal die städtische Bilanz nach oben korrigiert. Hatte die Stadt Anfang des Jahres noch eine Neuverschuldung von 140 Millionen Euro eingeplant, rechnet Wolowicz inzwischen mit einer Tilgung von 550 Millionen Euro. Der kommunale Schuldenberg sinkt damit bis zum Jahresende auf 1,67 Milliarden Euro, auf den niedrigsten Stand seit 1995. Noch 2005 stand München mit 3,41 Milliarden in der Kreide.

Das rot-grün regierte München kommt damit das sechste Jahr in Folge ohne Neuverschuldung aus - und steht nach Einschätzung Wolowicz' deutlich besser da als der Freistaat. Bei den aktuellen Erfolgsmeldungen der Staatsregierung, die eine Tilgung von 250 Millionen Euro einplant, gehe es offenkundig um die politische Darstellung, behauptet Münchens Kämmerer. "Würde der Freistaat nach kaufmännischen Gesichtspunkten vorgehen", also auch Verbindlichkeiten etwa für die Landesbank oder Pensionsrückstellungen berücksichtigen, stünde er wohl "einige Dutzend Milliarden Euro" im Minus, betonte Wolowicz.

Der Münchner Haushalt dagegen sei "transparent und ehrlich", da er nicht nur Ein- und Ausgaben, sondern auch die versteckten Posten aufführe. Finanzminister Markus Söder (CSU) hatte demgegenüber seriöse Finanzpolitik gerade erst als "Markenzeichen Bayerns" bezeichnet. Das Thema dürfte eine große Rolle im Landtagswahlkampf 2013 spielen, bei dem Münchens Oberbürgermeister Christian Ude gegen Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) antreten will.

Bereits im Oktober hatte Münchens Kämmerer Wolowicz verkündet, dass München aufgrund der hohen Gewerbesteuereinnahmen ohne Neuverschuldung auskomme und sogar 390 Millionen zurückzahlen könne. Diese Summe ist nun nochmals um 160 Millionen angestiegen - dank der unerwartet hohen Zahlung eines großen Münchner Unternehmens. Wolowicz will die frohe Kunde, die ihn erst vor wenigen Tagen vom Finanzamt erreicht hat, am Dienstag in der Sitzung des Stadtrats-Finanzausschusses verkünden.

Bei der Rathaus-CSU gibt es allerdings große Zweifel, ob München tatsächlich so gut dasteht, wie vom Kämmerer behauptet wird. Fraktionschef und OB-Kandidat Josef Schmid begrüßt zwar ausdrücklich den Anstieg der Gewerbesteuereinnahmen auf nunmehr 1,89 Milliarden Euro.

Die Leistung Wolowicz' sei aber weniger eindrucksvoll, wenn man wisse, dass für die Schuldentilgung Finanzrücklagen der Stadt abgeschmolzen würden - ein Vorwurf, den der Kämmerer energisch zurückweist. Die Geldbestände in den Kassen der Verwaltung würden für die Rückzahlung nicht angetastet. Tatsächlich profitiere die Stadt schlicht davon, dass die Höhe der Einnahmen die der Ausgaben übersteige.

Für den Haushalt 2012, bei dem Wolowicz voraussichtlich mit Gewerbesteuereinnahmen zwischen 1,7 und 1,8 Milliarden Euro rechnet, schlägt die FDP eine Art städtische Selbstverpflichtung vor. "Wenn im kommenden Jahr die Steuereinnahmen weiter steigen, sollen ausschließlich Schulden getilgt werden", verlangt der finanzpolitische Sprecher der Liberalen Jörg Hoffmann.

Ein Vorstoß, den Wolowicz für verfrüht und zu kurz gesprungen hält. Schließlich müsse man für eine Bilanz neben der Einnahmen- auch die Ausgabenseite berücksichtigen. Und die Ausgaben, etwa für Kinderbetreuung, stiegen ständig. Aber auch in puncto Steuereinnahmen gibt sich der Kämmerer zurückhaltend und sagt nur lakonisch: "Ich bewundere die prophetische Gabe der FDP."

© SZ vom 22.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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