Münchens junge Kreative:Wenn das Unkontrollierbare reizt

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Kunst als Erinnerung: Tabata von der Locht speichert in ihren Bildern die Gefühle, "die ich hatte, als ich etwas angeschaut habe". (Foto: Florian Peljak)

Wo arbeiten Münchens junge kreative Köpfe? Wir haben sie an ihren Arbeitsplätzen besucht und ihnen über die Schulter geschaut. Heute: Tabata von der Locht

Von Lara Graff

"Meine Bilder funktionieren für mich wie USB-Sticks. Sie speichern die Gefühle, die ich hatte, als ich etwas angeschaut habe", sagt Tabata von der Locht, 27. Transparent, verschwommen - und ein bisschen wie der Hauch einer Erinnerung, so lassen sich die Werke der Künstlerin beschreiben. Sie arbeitet vor allem mit Abdrücken aus dem urbanen Raum.

(Foto: Florian Peljak)

Tabatas Kunst ist inspiriert von dem Fußabdruck der Gesellschaft. Tabata nimmt Abdrücke von Plakaten, Taperesten, Baustellenmarkierungen oder was sie sonst noch im öffentlichen Raum finden kann, und verarbeitet diese weiter. "Ich sehe das wie eine 'Zu Verschenken'-Kiste. Wenn man die Wände besprühen darf, dann darf man das auch wieder nehmen und benutzen, als Gemeingut", sagt sie.

(Foto: Florian Peljak)

In ihrem Atelier stapeln sich ausrangierte Litfaßsäulen-Plakate. Tabata weicht die Plakate erst in einem Becken ein, spannt sie wie eine Leinwand und reißt dann die oberen Schichten ab. Dadurch entsteht ein Reißmuster, die Schichten darunter werden sichtbar und es entsteht eine neue Komposition. "Es ist genau dieses Unkontrollierbare, was mich reizt. Solche Formen könnte ich mir sonst gar nicht ausdenken", sagt Tabata.

(Foto: Florian Peljak)

Bei ihren Bildern arbeitet Tabata ohne Farbe, sie verwendet nur die Originalfarbe des abgedrückten Objekts. Tabata benutzt dafür Leinwände aus Stoff, die sie mit einem Lösungsmittel bestreicht. Dann tackert sie die Leinwand an, drückt den Lack ab und erhält so den Abdruck. Auf der Suche nach neuen Motiven fährt sie mit dem Fahrrad durch die Stadt, den Rucksack vollgepackt mit Stoffen und Lösungsmittel.

(Foto: Florian Peljak)

Da Tabata ihre Abdrücke in der Öffentlichkeit nimmt, werden die Menschen auf sie aufmerksam. "Meistens sind es nur komische Blicke. Die Leute schauen, was man macht, fragen aber nicht nach", sagt Tabata. Dabei bleibt es aber nicht. Als sie Abdrücke von Baustellenmarkierungen macht, fühlen sich Passanten gestört. "Die Leute dachten, dass es illegal ist, dass ich etwas anbringe und wollten die Polizei rufen."

(Foto: Florian Peljak)

Von solchen Vorfällen lässt sie sich aber nicht entmutigen. "Es gehört schon Mut dazu. Ich habe oft schon Abdrücke nicht gemacht und mich dann im Nachhinein geärgert", sagt Tabata. Mit ihrer Kunst kann sie mittlerweile ihr Leben und ihr Studium an der Kunstakademie finanzieren. "Privilegiert ist man, wenn man sein Leben der Kunst widmen kann. Ich verdiene weniger als der Durchschnitt, aber bin froh, dass ich es machen kann."

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