Theater:Gleich und gleicher

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Die Regisseurin Sapir Heller interessiert an "Animal Farm" vor allem der Aspekt des Gleichseins. (Foto: Stefan Loeber)

Sapir Heller inszeniert am Volkstheater "Animal Farm" nach George Orwell.

Von Fiona Rachel Fischer

"Alle Tiere sind gleich. Aber manche Tiere sind gleicher als die anderen", heißt es in George Orwells Fabel "Animal Farm". Es sind Sätze, die bald nach dem Erscheinen des Romans 1945 zu geflügelten Worten wurden. In "Animal Farm" befreien sich die Tiere von der Herrschaft der Menschen und übernehmen unter der Leitung der Schweine eine Farm. Doch nach und nach bauen die Schweine ihre Macht immer weiter aus, das System entwickelt sich zur Diktatur. Orwell schrieb damit eine Allegorie auf die revolutionäre Entstehung der Sowjetunion. Für die Regisseurin Sapir Heller, geboren 1989 in Israel, hat dieser Stoff jedoch zu jeder Zeit einen Bezug zur Gegenwart: "Gruppendynamiken und Hierarchien, die gibt's immer", sagt sie. Heller hat sich am Münchner Volkstheater mit Orwells Fabel auseinandergesetzt und diese für die Bühne adaptiert. An diesem Samstag, 12. Februar, hat "Animal Farm" nun Premiere. Für Heller ist es die dritte Inszenierung am Volkstheater.

Was die Regisseurin vor allem an dem Stoff interessiert, ist der Aspekt des Gleichseins. Die ursprünglich gleichberechtigte Selbstorganisation der tierischen Farmbewohner hat keinen Bestand und endet in einer extremen Hierarchiestruktur. Eben weil es - frei nach Orwell - gleich und gleicher gibt. Hier sieht Heller Parallelen in der Integrationsdebatte. "Was heißt das überhaupt? Wie passe ich mich an?", fragt die Regisseurin. Diesen Fragen werde sie in "Animal Farm" nachgehen und Gruppendynamiken untersuchen. Ausgangslage im Stück sei für sie kein böswilliger Plan der Schweine, sondern "eine wirkliche Vision" für eine gemeinsame Selbstverwaltung. Da diese Organisation nicht funktioniert, sollen die intelligenten, gebildeteren Schweine übernehmen. Daraus ergebe sich dann die Hierarchisierung, die die Vision in ihr Gegenteil verkehre.

Die Figuren auf der Bühne sind Zwischenwesen

Anhand dieser Geschichte untersucht Heller die Problematik des Gleichsein-Wollens und hinterfragt unsere gesellschaftlichen Strukturen. Heller fängt damit bei den konkreten Strukturen auf der Tierfarm an. Bei den Figuren auf der Bühne finden sich Tierelemente in Kostüm, Maske und Bewegungschoreografie, sie werden so zu ganz eigenen Zwischenwesen. Der eigentlich menschliche Erzähler wird bei Heller zu einem Hund, so, meint die Regisseurin, werden die Verhältnisse einmal umgedreht.

Das Münchner Publikum hätte an diesem Wochenende eigentlich noch eine zweite Premiere erwartet: "Der Drang" sollte am Freitag, 11. Februar, im Marstall gezeigt werden. Nach "Agnes Bernauer" ist es ein weiteres Stück von Franz Xaver Kroetz am Residenztheater. Anhand des lustbefreiten Zusammenlebens eines Friedhofsgärtnerpaars und ihrem sexualverbrecherischen Schwager verhandelt Kroetz Themen wie verbotene Lust, verschiedene sexuelle Neigungen und Täter-Opfer-Rollen. Damit hatte das Stück bereits in den Siebzigerjahren unter dem Namen "Lieber Fritz" Aufsehen erregt. Krankheitsbedingt wird die Premiere nun verschoben: "Der Drang" in der Regie von Lydia Steier soll nun erstmals am Freitag, 4. März, zu sehen sein.

Animal Farm , Sa., 12. Februar, 19.30 Uhr, Münchner Volkstheater, Tumblingerstraße 29

Der Drang , Fr., 4. März, 20 Uhr, Marstall, Marstallplatz 4

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