München: Ude-Nachfolge:Stresstest für Grüne

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Hep Monatzeder wertet internen Vorwahlkampf der Grünen als Affront gegen sich - und droht, seine OB-Kandidatur zurückzuziehen.

Bernd Kastner und Silke Lode

Die Münchner Grünen stehen vor einer Zerreißprobe. Bürgermeister Hep Monatzeder droht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung damit, seine Kandidatur für das Amt des Oberbürgermeister zurückzuziehen. Er wertet den von der Parteibasis beschlossenen Vorwahlkampf, bei dem er gegen interne Gegenkandidaten antreten müsste, als Affront gegen sich. In grünen Führungszirkeln hat Monatzeder angekündigt, "dieses Kasperltheater" nicht mitzumachen. Ein Rückzug Monatzeders als OB-Kandidat für die Kommunalwahl 2014 wäre ein herber Rückschlag für die Grünen, die nach dem Wahltriumph in Baden-Württemberg davon träumen, in München nach dem Abgang Christian Udes (SPD) den Rathaus-Chef zu stellen.

Hep Monatzeder wertet internen Vorwahlkampf der Grünen als Affront gegen sich. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Monatzeder ist bislang der einzige Grüne, der offen seinen Willen bekundet hat, ins OB-Rennen zu gehen. Als interne Konkurrenten werden drei Frauen gehandelt: Landeschefin Theresa Schopper, Stadträtin Sabine Nallinger und die Landtagsabgeordnete Claudia Stamm. Alle drei aber haben sich noch nicht endgültig entschieden. Laut einem Beschluss der grünen Basis von Anfang März sollen die Kandidaten auf sogenannten OB-Foren öffentlich über bestimmte Themen diskutieren. Nach jeder Runde sollen die Kandidaten benotet werden.

Die Befürworter der "Primaries" nach US-Vorbild sehen darin einen demokratischen und transparenten Prozess, eine Art Bürgerbeteiligung, bei dem die Kandidaten über das grüne Lager hinaus bekannt werden könnten, auch Monatzeder. Auch für Hep Monatzeder biete es "alle Chancen", heißt es im Parteivorstand: "Er muss schließlich auch im Wahlkampf überzeugend sein." Eine Art Trainingslager also auch für den Mann, der seit 15 Jahren Bürgermeister ist.

Genau dies trifft Monatzeder ins Mark, wie er seine Parteifreunde wissen ließ: Er sei doch längst bekannt, nach Ude der bekannteste Stadtpolitiker. In Wahrheit gehe es bei dem Prozedere darum, eine Alternative für ihn zu finden. Das OB-Casting richte sich also gegen ihn. "Ohne mich", soll Monatzeders Devise lauten, falls die Partei ihren Fahrplan durchzieht, der offenbar nicht mit Monatzeder abgestimmt war.

Dabei sieht sich der grüne Bürgermeister durch den Sieg des designierten grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann in Stuttgart eigentlich bestätigt. In der Tat gibt es Parallelen: Beide sind keine Polarisierer und Lautsprecher, beide kommen auch im bürgerlichen Lager gut an. Und das Alter: Monatzeder ist 62 bei der Kommunalwahl 2014, so alt wie Kretschmann heute. Genau dieses Alter aber macht es Monatzeder parteiintern so schwer.

Er könne nur eine Wahlperiode amtieren, das sei für einen Kandidaten viel zu kurz. Das sagen selbst solche, die ihm ansonsten gewogen sind. Doch auch inhaltlich kommt Monatzeder nicht bei allen Grünen bestens an. Zu wenig Profil habe er entwickelt in seinen nun 15 Jahren als Bürgermeister. Er sei mehr Verwalter als Gestalter.

Intern hat Monatzeder längst damit begonnen, die Seinen von sich zu überzeugen. Er komme in vielen Milieus gut an, auch der wirtschaftliche Mittelstand habe keine Berührungsängste. Und selbst ein dezidiert linker Grüner dürfte dem OB-Kandidaten Monatzeder seine Stimme geben, nach dem Motto: Ein sanfter Grüner ist immer noch besser als einer von SPD oder CSU. Auch machtstrategisch argumentiert das Monatzeder-Lager: Von seiner Kandidatur profitierten die Grünen in jedem Fall. Erobert er den OB-Sessel, könnte die dann wohl auch zahlenmäßig starke grüne Fraktion auch ein Bürgermeisteramt besetzen.

Damit könnte man eine Frau als OB-Nachfolgerin für die übernächste Wahl aufbauen. Verliert Monatzeder die OB-Wahl, würde er nicht wieder auf den Posten eines Bürgermeisters zurückkehren wollen. Also könnte auch in diesem Fall, ein gutes Wahlergebnis vorausgesetzt, eine grüne Frau im Bürgermeisteramt Anlauf für die OB-Wahl 2020 nehmen.

Monatzeder hatte bereits vor Tagen öffentlich erklärt, die Grünen müssten sich entscheiden, ob sie die OB-Wahl strategisch oder ideologisch angehen wollten. Zu den sich anbahnenden innerparteilichen Turbulenzen will er sich nicht öffentlich äußern. Nur so viel sagt er: "Ich warne vor Überheblichkeit und plädiere dafür, auf dem Boden zu bleiben." Er spielt auf die starken Worte seiner Parteikollegen an. Zur Halbzeit der Wahlperiode hatte die grüne Fraktionsspitze vergangene Woche den Bündnispartner SPD heftig attackiert.

Sollte Monatzeder tatsächlich hinschmeißen, ist nicht nur sein OB-Traum geplatzt. Auch die Partei wäre schwer beschädigt. Selbst wenn Monatzeder den Führungszirkel seiner Partei noch hinter sich bringen sollte, darunter seinen Dauerrivalen, Fraktionschef Siegfried Benker, die Vorwahlen müssen sein, solange die Basis ihren eigenen Beschluss nicht kippt. Weil dies sehr unwahrscheinlich ist, gäbe es nur einen eleganten Ausweg. Wenn sich die drei potentiellen Monatzeder-Konkurrentinnen zurückziehen. Für einen einzigen Kandidaten wären dann keine "Primaries" nötig.

© SZ vom 04.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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