Prozess in München:Betrunkener attackiert Sanitäter

Lesezeit: 2 min

Sanitäter haben ein Kind nach mehreren Hundebissen versorgt. (Foto: Günther Reger)

Ein 25-Jähriger sitzt auf der Anklagebank, weil er unter anderem Rettungskräfte beleidigt und angegriffen hat. "Ich kann es von mir nicht glauben, dass ich so was gemacht habe", sagt er vor Gericht.

Von Susi Wimmer

In der Silvesternacht wurden deutschlandweit Polizisten und Feuerwehrleute angegriffen, immer öfter wird berichtet, dass sogar Sanitäter attackiert werden. Und man fragt sich: Wer macht so was? Mustafa R. sitzt auf der Anklagebank vor dem Landgericht München I - und schämt sich. Dem 25-Jährigen wird eine ganze Reihe von Delikten vorgeworfen, unter anderem soll er zwei Rettungssanitäter bedroht, beleidigt und behindert haben, sodass diese Schwierigkeiten hatten, einer Erkrankten zu Hilfe zu kommen. "Es ist peinlich", sagt R. und senkt den Kopf.

"Er hatte vor der Haft eine schwierige Zeit", sagt seine Verteidigerin Heidi Pioch. Ein Satz, den man oft von Rechtsanwälten hört. Im Fall von Mustafa R. klingen die Worte glaubwürdig. "Ich habe getrunken, bis ich tot umgefallen bin", sagt der junge Mann mit den dunklen Locken. Heute baumelt eine lange Kette mit einem Kreuz um seinen Hals. R. hat mehrfach versucht, sich das Leben zu nehmen - und wurde immer gerettet. Selbstmordgedanken habe er oft gehabt, sagt er, "das hat auch seinen Grund, das liegt an der Vergangenheit". Dann verstummt der Mann aus Afghanistan. "Dazu möchte ich nichts sagen."

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Jedenfalls bestand sein Leben vor über einem Jahr in der Asylbewerberunterkunft in erster Linie aus Alkohol und Spice, einer Droge, die unter anderem aus synthetischen Cannabinoiden besteht und deren Handel in Deutschland verboten ist. Im Sommer 2021 telefonierte er mit seiner Ex-Freundin und kündigte an, sich umbringen zu wollen. Als die Polizei kam, soll er die Beamten beleidigt und attackiert haben. "Ich kann es von mir nicht glauben, dass ich so was gemacht habe", sagt er heute dazu.

Im Dezember 2021, kurz vor Weihnachten, wurde ein Rettungswagen in die Leibstraße nach Haar gerufen, weil eine Frau mit lebensbedrohlichem Bluthochdruck im Edeka-Markt zusammengesackt war. Laut Anklage versuchte Mustafa R., einen Sanitäter zu schlagen, stellte sich dem anderen in den Weg, als dieser mit dem Notfallkoffer zur Patientin eilen wollte. Nur durch das Eingreifen von Passanten konnten die Sanitäter nach mehreren Minuten Erste Hilfe leisten.

Mustafa R. hat an die Ereignisse nur bruchstückhafte Erinnerungen. Er wisse noch, dass er den Sanitätern gesagt habe, sie sollten ihn ins Isar-Amper-Klinikum in Haar mitnehmen. Dort kenne man ihn. Aus der Suchtklinik ist er schon öfter "ausgebrochen". Wenn er draußen war, trank er sofort harte Sachen, rauchte Spice und schluckte Antabus, ein Medikament zur Alkoholismus-Behandlung. In Kombination mit Alkohol "kann man sterben".

In diesem Zustand soll er erneut Polizisten beleidigt und einen Patienten aus dem Klinikum in den Rücken getreten haben. Als Richter Matthias Braumandl nach dem Grund fragt, tuschelt T. leise mit seiner Anwältin. "Ich schäm' mich so", sagt er. Und dann erklärt Heidi Pioch, ihr Mandant sei "sexuell angefasst" worden. Außerdem soll R. an einer Bushaltestelle eine Flasche zertrümmert und eine 17-Jährige bedroht haben. "Nein", sagt Mustafa R., er habe nicht gesagt, dass er sie umbringen wolle, "ich hab' gesagt, dass ich mich umbringen will".

Heute, sagt Heidi Pioch, sei ihr Mandant dankbar, dass ein Psychiater in Haar ihn mit Medikamenten stabilisiert habe. Und R. sagt, dass er sich bei allen Geschädigten entschuldigen wolle. Ende Januar will die 20. Strafkammer ihr Urteil verkünden.

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