Neue Oberleitungen für S8:S-Bahn-Strecke noch für eine Woche gesperrt

Lesezeit: 2 min

Am S-Bahnhof Daglfing wird eine neue Oberleitung installiert. (Foto: Florian Peljak)

80 Jahre haben die Masten der S8 gehalten, nun müssen sie ersetzt werden. Damit die Bahn nächste Woche wieder lückenlos fahren kann, müssen zwischen Daglfing und Johanneskirchen 15 Kilometer Kupferdraht verlegt werden - auch nachts, bei Minusgraden.

Von Leon Lindenberger

Der Bahnsteig in Daglfing ist am Montagmorgen menschenleer, aus den Lautsprechern schallt die Ansage: "Informationen zu S8 in Richtung München-Flughafen: Wegen Bauarbeiten ist die Strecke zwischen Daglfing und Johanneskirchen bis zum 22. Januar gesperrt." Ersatzbusse seien im Einsatz. Es scheint fast, als diente die Ansage weniger den Fahrgästen als dem Ansporn der Bauarbeiter, die hier gerade die Oberleitung erneuern. In einer Woche müssen 15 Kilometer Kupferdraht fertig verlegt sein.

In den vergangenen Monaten haben Arbeiter der Baufirma Rail Power Systems (RPS) auf der vier Kilometer langen Strecke etwa 150 neue Masten errichtet. "Seit 1939 haben die alten Masten gehalten, es wurde also Zeit", sagt Katrin Weise, Projektleiterin der Deutschen Bahn. Die neuen Masten sollen ähnlich lange halten. Bereits 2019 begann die Bahn mit der Planung der neuen Oberleitung, insgesamt kostet das Projekt rund elf Millionen Euro.

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An den Masten stehen seitlich Arme ab und reichen über die Gleise der S-Bahn-Strecke. Jeder davon ist in der Mitte durch etwas unterbrochen, das wie eine kleine Ziehharmonika aussieht - Isolatoren, die verhindern, dass Strom über den Mast abfließen kann. Vera Pfaff, RPS-Projektleiterin, erklärt: "Früher haben wir Porzellan-Isolatoren benutzt, heute sind sie alle aus Kunststoff."

Sobald der Bahnbetrieb wieder aufgenommen wird, liegt eine Spannung von 15 000 Volt an. Es herrscht Lebensgefahr. Gerade justieren die Bauarbeiter die exakte Höhe der neuen Leitung. Der Strom ist aus. Darüber freuen sich neben den Arbeitern noch zwei weitere Gruppen: Vögel und Kupferdiebe. "Zum Vogel- und Leitungsschutz", wie Pfaff sagt, sind die Masten mit vielen kleinen Spitzen versehen. "Trotzdem haben wir öfter Kurzschlüsse, wenn die Tiere mit ihren Flügeln zwei Leitungen verbinden."

Kupferdiebe sind da in der Regel vorsichtiger. In der Bauphase ohne Strom ist das Risiko jedoch höher, dass das teure Metall gestohlen wird. Zu allem Überfluss glänzen die frisch verlegten Leitungen noch. "Nach einigen Monaten oxidiert das Kupfer und läuft grün an, dann sehen die Leitung weniger verlockend aus", sagt Pfaff.

Mit lautem Rattern fährt Bruno vor, eine von fünf fahrbaren Arbeitsbühnen, die aktuell zwischen Daglfing und Johanneskirchen im Einsatz sind. Bruno hat acht höhenverstellbare Räder, vier für die Schiene, vier für die Straße, je nach Baustellentyp. Brunos Arm ragt mehrere Meter in die Höhe. Oben stehen drei Männer mit orangefarbenen Schutzwesten in einem Korb.

Die Mitarbeiter stehen auf der Arbeitsbühne Bruno und prüfen, ob die Drähte gut gespannt sind. (Foto: Florian Peljak)

Um sicherzustellen, dass die S-Bahn zum Flughafen so kurz wie möglich ausfällt, laufen die Bauarbeiten bei Daglfing aktuell 21 Stunden am Tag. Nachtschichten im tiefsten Winter. Projektleiterin Weise beschreibt den Zwiespalt: "Wir müssen immer die richtige Balance zwischen Normalbetrieb und Neubau finden. Ich bin mir sicher, dass wir hier bis nächsten Montag fertig sind."

Hüseyin Yilmaz steht mit in Brunos Korb, er ist zuständig für die Spannung der Drähte. Wenn die Temperaturen fallen, zieht sich das Kupfer zusammen. Die Leitungen sind dann kürzer und fester gespannt. Damit die Stromabnehmer der Züge ungehindert daran entlangfahren können, muss Yilmaz die Spannung genau justieren. Unter seinem Helm trägt er eine dünne Mütze. "Minus zehn Grad bei Nacht ist noch in Ordnung, ab minus 17 wird es richtig hart!"

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