Kammermusik:Raue Energie

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Die Pianistin Martha Argerich und Cellist Mischa Maisky im Herkulessaal.

Von Rita Argauer

Die Covid-Beschränkungen hängen den Konzertveranstaltern noch immer nach. Allein der Aufwand, ein Konzert, das für die Philharmonie im Gasteig geplant war, im viel kleineren Herkulessaal nachzuholen: Wer kriegt welche Plätze? Und: Warum Platz verschenken? Auf dem großen Podium ist es einsam, wenn da nur zwei Menschen musizieren. Und so gibt es nun hinter Martha Argerich und Mischa Maisky auf der Bühne auch noch Plätze, knapp 80 in vier Reihen. Auch die Kritikerin sitzt da oben.

Zunächst überrascht dort der Klang, als Maisky und Argerich mit Beethovens Sonate für Cello und Klavier, op. 5 Nr. 2, beginnen, er ist indirekt, verschwommen. Der Flügeldeckel ist zur anderen Seite geöffnet, hinten auf fast gleicher Höhe mit den Musikern fehlt die Brillanz. Beim Cello ist es umgekehrt, da hört man die Höhen gut, aber die Mittellage verschwindet, und von den Bässen bleibt nur ein Surren. Dafür überträgt sich etwas anderes. Die starke Rhythmik, die Argerich und Maisky in den Beethoven legen, wirkt physisch. Stampfen, Pedale, Bogenschläge - als das ist als raue Energie hörbar. Ungewohnt, auch weil man wiederum auf die üblichen Merkmale einer Interpretation verzichten muss: Phrasierungen sind nicht in Gänze zu erfassen, besonders nicht vom Cello. Doch Beethoven überzeugt eben auch als reine Energie.

Noch besser passt das zu Debussy. In dessen Sonate für Cello und Klavier haben die einzelnen Stimmen Platz, sind weniger in Begleitung und Solo aufgeteilt, sondern ergänzen sich. Das grandiose Zusammenspiel von Maisky und Argerich wird so endlich auch hinten hörbar. Anders dann bei Chopins op. 65. Hier, wo Phasierung so viel bedeutet, verliert sich die Musik, wenn diese nicht hörbar ist. Dafür gibt die ungewohnte Nähe zu den Künstlern anderes preis: Argerichs zerfledderte Noten oder ihre Hände, vergleichsweise klein, aber durchzogen von dicken Sehnensträngen. Ihre Spieltechnik, nah an den Tasten, keine großen Armbewegungen, sondern Kraft aus den Fingern. Eine neue Perspektive mit berückender Intimität.

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