München:Irgendwie im Plan

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SZ-Grafik; Quelle: Deutsche Bahn (Foto: SZ Grafik)

Staatsregierung hält am Bau der S-Bahn-Röhre fest

Von Ch. Krügel, W. WiTTL

Das Baurecht fehlt noch immer - und trotzdem geht die bayerische Staatsregierung davon aus, dass München bis zum Jahr 2025 eine zweite S-Bahn-Stammstrecke bekommt. Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) verkündete das am Dienstag im Kabinett. Bislang sind die Planungen nur für zwei der drei Bauabschnitte abgeschlossen. Es sei daher notwendig, dass jetzt auch der Planfeststellungsbeschluss für den östlichen Abschnitt von der Isar bis zum Leuchtenbergring bis April 2016 vorliege, sagte Herrmann. Vom Kabinett erhielt er den Auftrag, bei Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf einen termingerechten Abschluss der Planungen zu dringen.

Bis Ende März sollte das Planfeststellungsverfahren für die Stammstrecke eigentlich abgeschlossen sein, die Ergebnisse lassen noch auf sich warten. Angesichts der Erfahrungen der Vergangenheit wachsen daher die Zweifel, dass der Zeitplan einzuhalten ist. Seit 15 Jahren wird in München bereits über die zweite Stammstrecke debattiert, ohne dass Arbeiten begonnen hätten. Sollte sich das Baurecht für den dritten Abschnitt nur um ein paar Wochen verzögern, wäre das zwar "kein Beinbruch", heißt es bei der Bahn. Aber natürlich könnte es dadurch zu weiteren Verschiebungen kommen. Denn erst wenn es das Baurecht gebe, die Angebote der Baufirmen vorlägen und somit die Politik grünes Licht für die Finanzierung gäbe, könnte tatsächlich auch mit den Bauarbeiten begonnen werden. Theoretisch könnte das noch in diesem Jahr geschehen: Laut Bahn sei alles vorbereitet, um noch 2016 mit sogenannten "Vorrangmaßnahmen" zu beginnen. Das bedeutet, dass erst einmal Kanal-, Strom- und Versorgungsleitungen verlegt werden müssen, ehe es am Hauptbahnhof und Marienhof tatsächlich mit den unmittelbaren Bauarbeiten losgehen kann.

Ob all das wirklich dann zu einer Fertigstellung des neuen Tunnels im Jahr 2025 führen wird, vermag jetzt noch niemand zu sagen. Staatskanzleichef Marcel Huber erklärte am Dienstag, es gebe keine konkreten Hinweise, am derzeitigen Zeitplan zu zweifeln. Er verwies auf Hinweise aus dem Eisenbahnbundesamt, dass der ausstehende Planfeststellungsbeschluss spätestens im April vorliege. Die endgültige Kostenschätzung soll spätestens im Mai kommen. Ursprünglich waren Fachleute von 2,04 Milliarden Euro ausgegangen, inzwischen rechnen sie mit etwa drei Milliarden Euro. Die Staatsregierung stelle sich auf "übliche Steigerungen" ein, man erwarte "keine Kostenexplosion", sagte Huber.

Den Bund forderte die Staatsregierung auf, seine gesamte Mitfinanzierung spätestens bis zum Sommer zu klären. Allein die Willensbekundung Dobrindts reiche nicht aus. Man werde deshalb auf eine konkrete, schriftliche Zusage pochen. Erst dann könne der Freistaat seinen Anteil beziffern und so die Voraussetzung für den Baubeginn schaffen, sagte Herrmann. Huber erklärte, man werde bis zur Sommerpause Ergebnisse bekommen, "die uns in Lage versetzen, Dinge sauber zu bewerten". Über den Anteil Münchens sei nicht gesprochen worden. OB Dieter Reiter (SPD) hat zuletzt bekräftigt, am Zuschuss von 113 Millionen Euro festzuhalten. Ob sich Bund und Freistaat damit begnügen, ist offen. "Dass sich eine Kommune nicht zurücklehnen kann, davon gehen wir aus", sagte Huber.

Die Oppositionsparteien im Landtag reagierten mit scharfer Kritik. Die SPD sprach von unnötigen CSU-Querelen, die das Projekt aufhielten: Es könne nicht sein, dass sich die Parteifreunde Herrmann und Dobrindt immer gegenseitig die Schuld zuschöben. Die Freien Wähler und die Grünen forderten erneut Alternativen zum teuren Tunnel. Für Münchens Nahverkehr brauche es endlich ein schlüssiges Gesamtkonzept unabhängig von der Röhre.

© SZ vom 09.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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