Filmschoolfest Munich:Perspektiven schaffen

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Beim Filmschoolfest Munich zeigt der Regie-Nachwuchs, warum mit ihm zu rechnen ist. 50 Beiträge aus aller Welt kommen Mitte November zur Aufführung - ausnahmsweise im Netz statt im Kino.

Von Josef Grübl

Mit Geburtstagen ist das immer so eine Sache: Je öfter man sie erlebt, desto weniger Platz ist für die Kerzen auf dem Kuchen. Ein bisschen tricksen ist aber erlaubt, das sieht man an all den Zeitgenossen, die jedes Jahr aufs Neue 29, 39 oder 49 Lichtlein auspusten. Beim altehrwürdigen Filmschoolfest, ehemals bekannt als Internationales Festival der Filmhochschulen München, verhält es sich etwas anders: In seiner 40. Ausgabe nennt es sich "Filmschoolfest Munich 39 ½", mit Angst vorm Altern hat das allerdings nichts zu tun. Pandemiebedingt findet es als rein digitales Festival statt, der 40. Geburtstag soll nächstes Jahr nachgefeiert werden. Ist die diesjährige Ausgabe also eine Verlegenheitslösung? Nichts Halbes und nichts Ganzes? Was die Power und Präsenz der aus aller Welt angereisten Filmstudenten und den Festivaltrubel samt voller Kinosäle und durchtanzter Nächte angeht, vielleicht ja. Denn das alles wird es im Corona-Jahr nicht geben. Was die auf dem Programm stehenden Spiel-, Dokumentar-, Animations- und Experimentalfilme betrifft, braucht sich Nummer 39 ½ aber nicht zu verstecken.

Insgesamt 50 Filme stehen auf dem Programm, sie stammen aus Ländern wie Argentinien, Deutschland, Frankreich, Iran, Myanmar, Kanada oder Kroatien. Und noch nie war es so leicht, alle Filme zu sehen, ohne Terminüberschneidungen oder lange Schlangen an den Kinokassen: Das Festivalprogramm ist vom 12. bis 22. November von überall aus abrufbar, es finden Regiegespräche im Netz statt. Die Filme können im Einzelabruf (für 0,99 Euro) online gestreamt werden, es gibt auch einen Festivalpass fürs Gesamtprogramm (12,99 Euro). Julia von Heinz, deren Antifa-Drama Und morgen die ganze Welt für Deutschland ins Oscar-Rennen geht und die seit Kurzem als Professorin an der HFF unterrichtet, ist Jurypräsidentin, gemeinsam mit vier weiteren Jurymitgliedern entscheidet sie über die meisten Preise des Festivals.

Auffallend viele Filme beschäftigen sich mit Geschlechterfragen und Sexualität, so etwa der australische 17-Minüter Elagabalus, in dem es um die schwulen Ausschweifungen eines römischen Kaisers geht. Oder die deutsche Doku She Wants What She Wants, in dem sich vier unterschiedliche Frauen mit der Tabuisierung weiblicher Lust auseinandersetzen. The Dragon With Two Heads aus Belgien begleitet brasilianische Zwillingsbrüder, die aufgrund der homophoben Stimmung in ihrer Heimat nach Europa flüchten. Den umgekehrten Weg geht der Regisseur des 24-Minüters Filipiñana: Er studiert in London, sein Film erzählt von den patriarchalen Strukturen auf einem Golfplatz in seinem Heimatland Indonesien. Eine aktuelle Geschichte erzählt die US-Doku Confessions Of Republicans: Darin geht es um einen konservativen Aktivisten, der Nichtwähler ermuntert, sich in regionale Wählerverzeichnisse einzutragen - um dann für Donald Trump stimmen zu können.

Filmschoolfest Munich 39 ½ , Do., 12., bis So., 22. Nov., www.filmschoolfest-munich.de

© SZ vom 12.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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