Internet:Angeblich beim Pornoschauen gefilmt: Erpressungen nehmen zu

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  • Offenbar häufen sich in München die Erpressungsversuche mit angeblichem Filmmaterial vom Pornoschauen.
  • Die Polizei berichtet von etwa fünf Anzeigen pro Tag, zudem meldeten sich täglich etwa 16 Menschen telefonisch.
  • Per E-Mail erhalten die Opfer die Forderung, einen Geldbetrag an Bitcoin-Adressen zu verschicken.

Von Günther Knoll, München

Es ist ein peinliches Thema, über das niemand gerne spricht. Deshalb geht man bei der Polizei auch von einer hohen Dunkelziffer aus, die bei etwa 90 Prozent liegt. Wenn sich also im Münchner Polizeipräsidium derzeit die Anzeigen wegen versuchter Erpressung im Internet häufen, dann muss es ein solches Geschäft mit der Scham auch ziemlich einträglich sein. Unbekannte werfen per E-Mail Usern vor, Pornoseiten im Internet besucht und sich dabei selbst befriedigt zu haben - und dabei habe man den Empfänger der E-Mail gefilmt. Wenn er nicht wolle, dass diese Szenen veröffentlicht werden, müsse er eine bestimmte Geldsumme an eine Bitcoin-Adresse schicken.

Diese Art von Erpressungs-Mails gibt es schon seit geraumer Zeit, in den vergangenen zwei Wochen registrierte die Münchner Polizei allerdings allein fünf einschlägige Anzeigen pro Tag. Dazu nahmen auch durchschnittlich 16 Opfer täglich die telefonische Beratung an, die das zuständige Kommissariat anbietet. Offenbar setzen die unbekannten Erpresser auf das schlechte Gewissen: Am mobilen Endgerät ohne eigenes Wissen gefilmt zu werden, das sei technisch nämlich möglich, weiß die Polizei. Denn die Täter kapern einfach die darauf installierte Kamera.

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"Guten Tag! Masturbieren ist natürlich, aber wenn deine Familie und Freunde davon zeugen, ist es natürlich eine große Schande." So oder ähnlich lautet die Botschaft, welche die Erpresser versenden. Inzwischen gibt es eine ganze Flut solcher Texte in mehreren Varianten, mal in schlechtem Deutsch, mal auch in Englisch.

Auch bei der Höhe der geforderten Summe werde inzwischen variiert, hat die Polizei festgestellt. Früher seien 500 Euro üblich gewesen, die auf ein Bitcoin-Konto zu zahlen seien. Die digitale Währung ermöglicht den Zahlungsverkehr übers Internet und macht es sehr schwer, den Empfänger festzustellen. Die Erpresser benutzen beim Versenden ihrer Mails außerdem Absenderadressen, die sie vorher gehackt haben. Als Zahlungsfrist werden in der Regel 72 Stunden angesetzt.

Auch wenn diese Erpressungsversuche Adressaten erreichen, die nie solch einschlägige Seiten angesehen haben, gibt es offenbar viele, die ein schlechtes Gewissen und Angst haben, die beschriebenen Videoaufnahmen könnten an Verwandte und Freunde verschickt werden. In Germering war das im Mai tatsächlich der Fall: Dort bekam ausgerechnet die Ehefrau des Erpressten das Video per Facebook; der Mann ging trotzdem zur Polizei. Als diese den Fall veröffentlichte, meldeten sich sofort drei weitere Opfer.

Deshalb rät die Polizei allen, die solche Post bekommen, sie genau zu prüfen. Die Mail beginne üblicherweise mit dem anonymen Gruß "Guten Tag", eine persönliche Anrede fehle. Auf keinen Fall sollte man die E-Mail einfach löschen, denn sie sei wichtig für die Polizei, um die Täter zu ermitteln. Bei der Bamberger Staatsanwaltschaft beschäftigen sich Spezialisten mit dieser Form von Internet-Kriminalität. Das geforderte Geld sollte man auf keinen Fall überweisen.

© SZ vom 24.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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