Einschlafhilfe:"Es war ermüdend"

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"Ab dem 140. Schaf hat es wirklich mit dem Einschlafen geklappt", sagt Julian Nebel. (Foto: Stephan Rumpf)

Julian Nebel hat die Corona-Zeit genutzt, um drei absurde Buchprojekte zu veröffentlichen - unter anderem ein Audiobook mit dem Titel "Schafe zählen"

Interview von Michael Bremmer, München

Während der Corona-Krise hatte Julian Nebel, Jahrgang 1984, endlich mal Zeit, eigenen Gedanken und Ideen nachzuhängen. Nebel, Pressesprecher bei der Münchner Verlagsgruppe, arbeitete im Home-Office, das Telefon klingelte kaum, E-Mails kamen nur gelegentlich. Zeit genug, darüber nachzudenken, welche Formate dem Buchmarkt abgehen. Sein Ergebnis: ein Werk über unnützes Alkoholwissen, ein Sammelalbum für Toilettenwertbons und ein Hörbuch mit dem Titel "Schafe zählen". Alle drei Titel sind Mitte September bei seinem Arbeitgeber erschienen.

SZ: Schlafen Sie schlecht?

Julian Nebel: Nein, jetzt nicht mehr.

Wegen des Hörbuches?

Ich hatte mal wegen einer Trennung wirklich Einschlafprobleme. Ich habe es damals versucht, auf unterschiedliche Arten in den Griff zu bekommen. Ich probierte etwa eine Einschlaf-App aus, also mit kontrollierter Atmung: Einatmen, Luft anhalten, ausatmen. Dieses Auf-mich-selbst-Achten hat aber überhaupt nicht funktioniert. Im Gegenteil. Ich dachte plötzlich, ich hätte Herzrhythmusstörungen.

Und dann kamen Sie auf die Schafe.

In der Tat. Ich habe es dann ganz altmodisch mit Schafe zählen versucht. Und ab dem 140. Schaf hat es wirklich mit dem Einschlafen geklappt.

Schafe zählen ist ja eine sehr persönliche Angelegenheit. Warum sollten Sie für mich Schafe zählen?

Schafe zählen ist ja sehr monoton. Und monotones Zuhören bringt einen auch zum Einschlafen. Und wer nicht selbst zählen will, kann ja mir zuhören.

Wie Sie selbst sagen, ist Schafe zählen ermüdend. Wie war das beim Einsprechen?

Es war in der Tat ermüdend. Dreimal wäre ich wirklich fast eingeschlafen.

Als erfahrener Pressesprecher müssen Sie das jetzt sagen.

Ehrlich. Ich war so müde, dass ich zehn Schafe vergessen habe.

Das ist jemandem aufgefallen?

Mir selbst. Es waren die Schafe 490 bis 499. Ich musste sie nachträglich noch einmal nachsprechen.

Ab welchem Schaf wurde das Einsprechen schwierig?

Es ist wirklich so eine eintönige Tätigkeit. Das hatte ich mir nicht so schwer vorgestellt. Schwierig wurde es ab dem 200. Schaf. Man ist dann in einer gewissen Halbautomatik. Und irgendwann wusste ich nicht mehr genau, bei welchem Schaf ich bin.

Hatten Sie ein Drehbuch?

Nein. Aber ich habe mir beim Einlesen vor dem inneren Auge Schafe vorgestellt. Schafe, die verschiedene Dinge tun, auf zwei Beinen laufen, über Hecken springen. Damit es für mich ein bisschen abwechslungsreicher ist.

Haben Sie ein Lieblingsschaf?

Als ich einmal in der Lüneburger Heide war, fand ich die Heidschnucken toll. Und in einem Dorf am Ammersee weidet eine Schafsherde. Wenn ich dort vorbeilaufe, kommt immer ein treues Schaf zu mir gelaufen.

Ich meine im Hörbuch.

Auf jeden Fall das 1000. Schaf. Da hatte ich es geschafft. Und das Schaf Nummer 666. Bei dem wollte ich eigentlich einen Gag einbauen, damit der Zuhörer aufschreckt. Aber das habe ich dann vergessen.

Hat es schon jemand bis zum Ende angehört?

Meine Kollegen vom Verlag mussten es sich bis zum Ende anhören. Alleine schon, um zu überprüfen, ob technisch alles sauber ist.

Wie sind die Rückmeldungen?

Ich habe ein paar Freunde und Bekannte gezwungen, es sich anzuhören.

Und?

Die meisten finden die Idee lustig. Manche sagten aber, das Hörbuch würde sie nicht beruhigen, sondern wahnsinnig machen.

Gibt es eigentlich eine Einschlafgarantie?

Eine Garantie würde ich nicht abgeben. Aber wer beim Schafezählen zuhört, ist so sehr damit beschäftigt, um nicht auf andere Gedanken zu kommen. Und das hilft beim Einschlafen sehr.

© SZ vom 17.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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