Amtsgericht München:Tourist würgt Tänzerin beim Lapdance

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Die Tat ereignete sich in einer Tabledance-Bar im Münchner Bahnhofsviertel (Symbolfoto). (Foto: Florian Peljak)

Zur Wiesn-Zeit begrapscht ein 39-jähriger Kunde die Mitarbeiterin eines Stripclubs und packt sie am Hals. Eine Richterin verurteilt den Mann deswegen zu einer Bewährungsstrafe - auch wenn sie eine Frage beim Prozess nicht klären kann.

Von Susi Wimmer

Amtsrichterinnen müssen sich bisweilen mit nicht ganz alltäglichen Fragen auseinandersetzen. Zum Beispiel: Gehört das Anfassen der Dame bei einem Lapdance in einem Stripclub mit dazu? Die Richterin googelt, die Staatsanwältin zuckt die Schultern. Aber die Antwort ist einerlei. Denn Mario F. hat bereits gestanden, eine Tänzerin in einem Münchner Club gegen ihren Willen begrapscht und auch noch gewürgt zu haben. Dafür wird er zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren auf Bewährung verurteilt.

Die Geschichte spielt in einer Tabledance-Bar im Bahnhofsviertel, und auch noch zur Wiesn-Zeit. Mario F. wird sich im Prozess nicht äußern, und so bleibt es Spekulation, ob der Kroate zusammen mit seinem Bruder nur zum Oktoberfest angereist war. Am 20. September 2022 jedenfalls war der Maschinentechniker mit etwa einer Promille Alkohol im Blut schon angetrunken, als er gegen Mitternacht den Stripclub ansteuerte.

Laut der Anklageschrift soll der Bruder im Nachtclub für Mario F. übersetzt haben. Der 39-Jährige wollte Sex, und zwar mit einer ganz bestimmten Tänzerin. Die Dame machte klar, dass es keinerlei sexuelle Dienstleistungen gebe und sie lediglich einen Lapdance anbiete. In der Anklage steht auch, dass sie unmissverständlich gesagt habe, dass Anfassen nur mit ihrer Erlaubnis möglich wäre - und er das unterlassen solle. Der Mann zahlte 60 Euro, man begab sich ins Séparée.

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Über seinen Anwalt gestand Mario F., dass der Tanz ganz und gar nicht nach dem Willen der Frau ablief. Der Betrunkene begrapschte die Tänzerin, biss ihr sogar ins Gesäß. Die Frau schrie laut: "No, nein, nein, no!" und gab Mario F. auch durch Gestik zu verstehen, dass er sie nicht anfassen solle. Mario F. lachte und setzte sich wieder auf seinen Platz. Die Tänzerin dachte, jetzt habe der Mann sie verstanden, und machte weiter. Doch das Gegenteil war der Fall: Mario F. sprang auf, packte die Frau am Hals, drückte sie gegen die Wand und fasste unter ihre Bekleidung.

Die Tänzerin rief um Hilfe, andere Mitarbeiterinnen des Clubs hörten das und holten einen Security-Mann herbei. Die Tänzerin sei "sehr aufgelöst" gewesen, habe geweint, sagt der vor Gericht. Näher könne er sich nicht erinnern. "Ich schmeiße ständig Leute raus, die die Frauen berühren wollen." Was genau in den Séparées gemacht werde oder erlaubt sei, das wisse er ja gar nicht. Er habe dort nur während des Oktoberfests ausgeholfen.

Die Geschädigte selbst ist offenbar auf der ganzen Welt zu Hause: Die gebürtige Österreicherin tanzte während der Wiesn in München, hat ihren Wohnsitz in London und lebt derzeit auf der karibischen Insel Jamaika. Via E-Mail soll sie erklärt haben, sie habe kein Geld für den Flug nach München, die Sache sei belastend für sie, und ihre Familie wisse auch nichts von ihrem "Job". Auf Hilfsangebote oder den Vorschlag eines Kostenvorschusses seitens der Behörden soll sie nicht reagiert haben.

Nach einem Rechtsgespräch zwischen allen Prozessbeteiligten gesteht Mario F. die Übergriffe. Die Richterin verurteilt ihn wegen sexueller Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung, "das dürfte hier ausnahmsweise ausreichen, um ihn von weiteren Taten abzuhalten". Die Staatsanwältin sagt in ihrem Plädoyer, dass zwar unklar sei, ob eine Frau nun bei einem Lapdance angefasst werden dürfe. Aber das sei ohnehin egal: "Entscheidend ist, ob sie angefasst werden wollte. Und sie hat mehrmals Nein gesagt."

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