Moosach:Unter Nachbarn

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Junge Flüchtlinge aus den Betreuungseinrichtungen der Inneren Mission feiern in Moosach ein Straßenfest und kommen mit den Anwohnern zusammen

Von Hannah Knuth, Moosach

Auf der Grünfläche des Moosacher Sankt-Martins-Platzes ist eine Bühne aufgebaut, ein junger Sänger spielt "Knocking on Heaven's Door". An fünf Interaktionsinseln kommen an diesem Sonntagnachmittag minderjährige unbegleitete Flüchtlinge und Anwohner aus dem Stadtbezirk zusammen. Kinder mit heller und mit dunkler Haut, mit blonden und mit schwarzen Haaren malen Bilder, schichten geduldig meterhohe Stapel aus Holzklötzchen auf , spielen Backgammon und arabische Brettspiele. In Moosach wird an diesem Nachmittag ein Straßenfest gefeiert, auf dem die Gäste basteln, malen oder Tischtennis spielten in einem arabischen Pavillon Tee trinken oder unter einem Bierzeltdach der Musik lauschen.

Organisiert haben das Spektakel die Johanniter Jugend und die Inneren Mission. Seit Jahren veranstalten die Johanniter Sommerlager und Tage für Behinderte, jetzt haben sie ihr Spektrum erweitert. "Wegen der aktuellen Lage wollten wir uns auch des Flüchtlingsthemas annehmen", erklärt Fabian von Feilitzsch bei der Eröffnung. Er leitet die Jugendarbeit im Orden in Bayern. "Also haben wir Kontakt zur Inneren Mission aufgenommen und gefragt: Wie können wir helfen?" Erst dachte man an eine Spendenaktion, dann entstand die Idee zu einem Straßenfest mit Interaktionsmöglichkeiten - die Gelegenheit, die jungen Flüchtlingskinder der Einrichtungen und die Münchner Nachbarn zusammen zu bringen.

"Das ist tatsächlich ein Fest, durch das wir alle zueinander finden", sagt Bettina Wagner von der Inneren Mission. Sie ist die Leiterin der zwei Einrichtungen "Zufluchtsräume" und "Kinderräume", die jeweils rund zehn Kinder und Jugendliche aufnehmen können. Die "Zufluchtsräume" sind eine Art Erstaufnahme mit Rundumbetreuung für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge im Alter von 14 bis 17 Jahren. In den "Kinderräumen" hingegen kommen die Jüngeren unter: Neben den sechs- bis 14-jährigen Flüchtlingen leben dort auch einige elternlose Münchner Kinder.

Die meisten Flüchtlingskinder kommen aus Syrien, Libyen, Afghanistan und Somalia und werden über die Bayernkaserne in die Einrichtungen in Moosach gebracht. Für drei Monate leben sie dann in der Wohngruppe zusammen, bevor sie bayernweit auf Folgeeinrichtungen verteilt werden. Rund um die Uhr betreuen sechs Sozialpädagoginnen und eine Psychologin die Jugendlichen in den "Zufluchtsräumen". Jeden Morgen gibt es von 9 bis 13 Uhr hausintern Deutschunterricht, nachmittags stehen Ausflüge und Aktionen auf dem Programm.

"Ich bin hier sehr glücklich", erzählt ein 14-jähriger Junge aus Afghanistan beim Straßenfest am Sonntag, seinen Namen möchte er aus Angst nicht nennen. Seit zwei Monaten und drei Wochen lebt er in der Wohneinrichtung - bald geht es für ihn weiter. "Das ist immer schwer", berichtet Sozialpädagogin Mirjam Kessler, die in den "Zufluchtsräumen" arbeitet. "Die Jungs gewöhnen sich ja auch so schnell aneinander." Das Schöne aber sei, dass viele auch nach ihrer Zeit in der Wohngruppe in Kontakt bleiben.

So etwa zwei 17-jährige Somalier, die am Sonntag wie viele ehemalige Einrichtungsbewohner zum Straßenfest nach Moosach gekommen sind. Sie erzählen den Betreuern von ihrer Entwicklung und sprechen mit den jungen Flüchtlingskindern. Die beiden haben sich in den "Zufluchtsräumen" ein Zimmer geteilt, mittlerweile wohnen sie in verschiedenen Wohneinrichtungen in Lehel. "Aber wir sehen uns mindestens einmal die Woche", erzählt er der eine. "Wie ganz normale Freunde", ergänzt der andere.

© SZ vom 14.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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