Moosach:Eine Röhre für die Tram

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Die marode Bahnunterführung an der Dachauer Straße soll so umgebaut werden, dass sie auch der Straßenbahn Platz bietet. Eine solche Verlängerung könnte in Zukunft bis nach Karlsfeld und nach Dachau führen und den Verkehr umweltfreundlicher machen

Von Anita Naujokat

Der umstrittenen Verlängerung der Trambahnlinie von Moosach nach Karlsfeld und zur Stadt Dachau im angrenzenden Landkreis Dachau steht nichts mehr im Wege - zumindest was den Moosacher Bezirksausschuss (BA) betrifft. Mehrheitlich hat das Gremium in der jüngsten Sitzung gegen die Stimmen der CSU den Plänen des Landkreises Dachau und der Stadt München zugestimmt, den ohnehin notwendigen Umbau der maroden Bahnüberführung an der Dachauer Straße gleich so zu gestalten, dass durch die Röhre Platz für eine Tramverbindung in ferner Zukunft besteht. Der Beschluss ist aber nur allein auf das Brückenbauwerk beschränkt: Bei der Ausplanung der Realisierung einer Tram wollen die Stadtteilpolitiker mehr als nur ein Wörtchen mitreden. "Damit gehen wir nicht zu weit, machen aber auch nicht zu wenig", sagte der BA-Vorsitzende Wolfgang Kuhn (SPD).

Eine "Weichenstellung für ein klimaneutrales München und die Folgegenerationen"

Es hätte auch auf eine Vertagung des Punktes hinauslaufen können, weil die Antworten des Mobilitätsreferats auf die noch offenen Fragen des Stadtviertelgremiums sehr kurzfristig eingegangen seien. Doch Fraktionen, Parteien und Wählergemeinschaft hatten sich schon positioniert. "Wir wollen zustimmen, denn es geht nicht darum, ob die Tram die Kurve an der Bunzlauer Straße nehmen könnte, sondern es geht um künftige Weichen für ein klimaneutrales München und die Folgegenerationen", sagte René Hanschke, der zusammen mit Ursula Harper für die Fraktion spricht. Man wolle sich aufgrund von "Kleinigkeiten und offenen Fragen" später nicht dem Vorwurf ausgesetzt sehen, nur auf den Straßenverkehr gesetzt zu haben. Es sei eine Entscheidung nicht nur für Moosach, sondern auch für Karlsfeld und Dachau, "die hoffnungsvoll auf uns blicken", ja, es sei "eine historische Entscheidung".

SPD-Fraktionssprecherin Hanna Kammermaier erwiderte, sie wolle lieber im Hier und Jetzt bleiben. Die SPD sei auch für die Offenhaltung, aber mit dem Hoppla-Hopp-Umgang der Referate unzufrieden. Die CSU wurde da noch konkreter. Die Art und Weise der Beteiligung sei vorsichtig ausgedrückt "unglücklich", monierte der Fraktionssprecher Florian Wies. Auch die Antworten seien nicht befriedigend. Die CSU blieb bei ihrer Haltung: "Das Ganze passt nicht hierher", sagte Wies. Der motorisierte Individualverkehr werde nicht ausweichen, der überörtliche Wirtschaftsverkehr bleibe, und wenn dann noch die Tram komme, gehe gar nichts mehr auf der Dachauer Straße. Viele Fragen seien nicht beantwortet worden, man habe den BA überfallen, so lehne die CSU die Beschlussvorlage ab.

Einzig Axel Stoßno von der FDP sagte, er sehe in den Antworten auch wichtige und positive Aspekte. Alle vorgeschlagenen Alternativen seien mit guten Argumenten widerlegt und schlüssig dargestellt. Für "sehr kritikwürdig" halte er allerdings die allgemein gehaltenen Aussagen zur Verkehrsentwicklung. "Das ist eine Kapitulation." Man schaffe Neubaugebiete, habe aber keine Ahnung, wie mit dem Verkehr umgegangen werden solle. Als "sehr schwierig" erachte er, eine einigermaßen annehmbare Gestaltung des Bauwerks und der Kreuzungen vor und nach der Unterführung. Die würden "hässlich" und "kein Schmuckstück" werden. "Aber eine konstruktive Lösung fällt mir auch nicht ein", sagte Stoßno.

Das Mobilitätsreferat hatte geantwortet, dass es zur Dachauer Straße "keine wirtschaftliche oder fahrgastdienliche" Alternative gäbe. Etwa zu dem Vorschlag eines Streckenverlaufs vom Memminger Platz aus auf der anderen Seite der Bahn. Eine solche sei auszuschließen, da sie nicht ans bestehende Tramnetz angeschlossen sei. Ein derartiger "Inselbetrieb" zöge den Bedarf eines eigenen Betriebshofs mit Werkstätten, eine komplett eigene Fahrzeugflotte und Betriebsreserven nach sich. Und erbrächte weniger Potenzial als eine direkte Verbindung zwischen Hauptbahnhof, Hochschule München und Moosach Richtung Karlsfeld. Infrastrukturelle und bauliche Aussagen zu bestehenden Haltestellen und möglichen Neubauabschnitten der Tram könne das Mobilitätsreferat noch nicht treffen. Dazu sei erst ein Auftrag und Beschluss des Stadtrats nötig, womit die Verwaltung und die Stadtwerke München/Münchner Verkehrsgesellschaft in vertiefte Untersuchungen einsteigen könnten. Änderungen an der lichten Höhe und Weite des neuen Bauwerks seien nur "geringfügig größer" als bei der ursprünglichen Planung ohne Tram. Auch ließen sich alle bisherigen Verkehrsbeziehungen der Seitenstraßen zur Dachauer Straße aufrechterhalten.

Weiter untersucht werde, wie vom BA angesprochen, die U 3 von Moosach in Richtung Pasing via Untermenzing und Blutenburg zu verlängern, ebenso eine U-Bahnanbindung von Karlsfeld und Dachau in einem Vergleich der Systeme im gesamten Korridor Nord-West. Wie die auch immer geartet sein wird, denn eine Fortsetzung der U 3 in Richtung Karlsfeld und Dachau erwägt das Referat nicht.

Auf dem DB-Nordring ist nur ein Pendelbetrieb möglich

Auf dem vom BA ebenfalls ins Feld geführten DB-Nordring ist laut Referat mit den bestehenden zwei Gleisen wegen des starken Güterverkehrs lediglich ein Pendelbetrieb zwischen Karlsfeld und dem Euro-Industriepark möglich. Wolle man ihn mehr für den Personenverkehr nutzen, müsste man ihn ausbauen. Zwar hält die Stadt einen S-Bahnbetrieb auf dem Nordring, der auch Haupt- und Ostbahnhof anbindet, wichtig für die "dringend benötigten tangentialen S-Bahn-Verbindungen mit Verknüpfung zur U-Bahn". Doch liege dies in der Zuständigkeit des Freistaats Bayern.

BA-Chef Kuhn blieb skeptisch. Trotz der "hehren Worte" der Grünen für die Schiene fehle es ihm an Futter, sprich belastbaren Zahlen und Untersuchungen. Über die Anregung eines Bürgers, den Autoverkehr ab dem Moosacher Stachus oder gar dem Wintrichring unterirdisch bis kurz vor den Rangierbahnhof Nord an der Ecke Max-Born-Straße zu verlegen und damit auch die Allee in der nördlichen Dachauer Straße zu retten, die sicher dem Tramausbau zum Opfer fallen werde, diskutierte das Gremium gar nicht erst. Den Vorschlag lehnte der BA geschlossen als "undurchführbar" ab.

© SZ vom 29.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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