Moderne Wirtshauskultur:Die Millionenbrauer

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Die Leidenschaft für die regionale Küche ist groß: Das wissen auch Münchens Bierproduzenten - und nehmen viel Geld in die Hand, um ihre Wirtshäuser fein herauszuputzen.

Astrid Becker

Anders als in anderen Regionen Bayerns entdecken in München die Brauereien wieder die Reize der Gastronomie. Bierproduzenten aus dem Umland drängen verstärkt in die Stadt, während Münchens Brauherren immer mehr Geld in die Hand nehmen, um eigene und angepachtete Wirtshäuser für die Gäste fein herauszuputzen. Anreiz für die Investitionen ist die wachsende Leidenschaft für regionale Küche und Bar, die wirtschaftliche Attraktivität des Ballungszentrums München sowie der harte Wettbewerb in der Hopfenzunft - denn insgesamt ist der Bierkonsum am Sinken.

Wirtshäuser
:Gastwirtschaften hübschen sich auf

Die Leidenschaft für die regionale Küche ist groß: Das wissen auch Münchens Bierproduzenten - und nehmen viel Geld in die Hand, um ihre Wirtshäuser fein herauszuputzen.

Beispiel Hofbräu: Erst vor kurzem hat die Brauerei, die im Stadtgebiet nur mit wenigen eigenen Lokalen punkten kann, viel Geld in die Hand genommen und das einstige griechische Lokal "Santorini", das sie bereits 2004 der Monachia abgekauft hatte, für 3,5 Millionen Euro in ein schmuckes bayerisches Wirtshaus verwandelt: das "Harlachinger Jagdschlössl". Zudem investiert die mit einem Bierausstoß von 265.000 Hektolitern (2010) kleinste der Münchner Brauereien regelmäßig in ihr Stammhaus, das Hofbräuhaus am Platzl. Allein für die Renovierung des ersten Stocks wurden seit dem Jahr 2000 schon 18 Millionen Euro ausgegeben.

Sprecher Stefan Hempl dazu: "Im Grunde ist es ganz einfach: Der Handel dient den Brauereien eher dazu, ihre Absatzzahlen zu vergrößern - Geld aber können wir als Brauerei nur in der Gastronomie verdienen." Allerdings sei manches bei Hofbräu anders als bei anderen Brauereien: So lande das Bier aus dieser Sudstätte zu knapp 60 Prozent in der Gastronomie, meint Hempl.

Zum Vergleich: Bayernweit entfalle auf die Gastronomie laut Bayerischem Brauerbund gerade einmal ein Anteil von 20 bis 25 Prozent. Der Rest fließt in den Handel, der seit Jahren von Verdrängungswettbewerb und damit verbundenen Preiskriegen dominiert wird.

Deshalb wird wohl auch bei Paulaner und Hacker-Pschorr das Thema Gastronomie groß geschrieben: Erst vor kurzem wurde das neue "Franz Josef" vorgestellt, das einstige "Löwe und Raute" in der CSU-Zentrale in der Nymphenburger Straße. Den größeren Teil der Renovierungskosten hat zwar der Hausherr, die CSU, übernommen, Paulaner hat das Vorhaben jedoch tatkräftig unterstützt. Die Gesamtkosten für die Sanierung belaufen sich auf mehrere hunderttausend Euro.

Auch die Schwesterbrauerei, Hacker-Pschorr, wartete erst vor kurzem mit dem für mehrere hunderttausend Euro herausgeputzten "Bogenhausener Hof" in der Ismaninger Straße auf - und von Ende nächsten Jahres an ist, auch diesmal wieder gemeinsam mit der Hausherrin, der Bayerischen Hausbau, ein weiteres Großprojekt in Planung: Nach Ende des Pachtvertrages mit der Familie Wildmoser will die Paulaner-Gruppe den "Donisl" grundlegend sanieren und in ein modernes, aber gemütliches bayerisches Innenstadtlokal verwandeln.

Die Gastronomie hilft uns und ergänzt den Handel", sagt Paulaner-Chef Andreas Steinfatt, "wenn jemand eine schöne Zeit in einer gepflegten Wirtschaft verbringt, dann erinnert er sich daran auch im Laden." Gerade in München müssten die hiesigen Brauereien mit ihrer Gastronomie "gut aufgestellt sein, denn schließlich ist das unsere Heimatstadt." Deshalb fungierten die Brauereien hier häufig auch als Geldgeber für Wirte, und eben nicht nur als Eigentümerinnen oder Pächterinnen ihrer Objekte.

Auch AB Inbev hat - zumindest in Sachen Umbauten und Instandhaltung - in die Gastronomie seiner Marken Spaten, Franziskaner und Löwenbräu in München investiert. Insgesamt ist ein siebenstelliger Betrag in Objekte wie in den "Klinglwirt", in den "Flaucher" oder ins "Theresa" geflossen. Auch hier begründet Sprecher Oliver Bartelt den Aufwand mit den Vermarktungschancen der eigenen Biersorten.

Und Augustiner? Die Traditionsbrauerei verzichtet auf Werbung - und setzt stattdessen lieber konsequent auf die Pflege Münchner Gastlichkeit in ihren Wirtshäusern. Neueste Beispiele: das Lindwurmstüberl, das Sappralot, der Georgenhof oder der Hirschgarten und die Gastronomie in der Münchner Bank am Frauenplatz, die derzeit, wie einiges andere auch, neu entsteht.

Aber auch Brauereien aus dem Umland drängen aus diesen Gründen auf den Münchner Markt, beispielsweise wird Ayinger Bier neuerdings nicht nur auf der Dachterrasse des Mandarin Oriental ausgeschenkt, sondern auch im hiesigen In-Lokal "La Baracca". Aus guten Grund: München gelte schon allein aufgrund seiner touristischen Attraktivität und seines wachsenden Zuzugs als Zukunftsmarkt, ist vom Bayerischen Brauerbund zu hören.

Und nur aus diesem Grund entschieden sich Brauereien noch für Investitionen in der Gastronomie, sagt dessen neuer Präsident, Friedrich Düll. Besonders geachtet wird ihm zufolge dabei auf gute Lage oder gute Häuser. Eben weil dies - im Wirtschaftsdeutsch - "als Maßnahme zur Markenbildung in der Region" angesehen werde.

© SZ vom 07.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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