Mittlerer Ring:Tunnelblick

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Die Freien Wähler haben eine Studie in Auftrag gegeben, um am Mittleren Ring noch mehr Verkehr unter die Erde zu bringen. Planer Martin Vieregg hat die Vision von einer doppelstöckigen Röhre.

Dominik Hutter

Wie soll es weitergehen am Mittleren Ring, wenn der Tunnel am Luise-Kiesselbach-Platz fertig ist? Geht es nach den Freien Wählern, sollen sich die Bautrupps als Nächstes die Chiemgau- und Tegernseer Landstraße vorknöpfen. "Vorrang müssen die Stellen haben, an denen viele Menschen wohnen", erklärt der Landtagsabgeordnete Michael Piazolo, der zwar durchaus auch Sympathien für eine Untertunnelung des Isarrings auf Höhe Englischer Garten hegt. Es gelte aber das Prinzip "Menschen vor Bäumen".

Unter Tage: 2009 wurde der Richard-Strauss-Tunnel fertiggestellt. Doch viele Teilabschnitte des Rings verlaufen noch überirdisch. (Foto: lok)

Piazolo hat deshalb beim Münchner Verkehrsberatungsbüro Vieregg-Rößler eine Studie in Auftrag gegeben. Ergebnis: Eine Untertunnelung des verkehrlich komplizierten Abschnitts ist prinzipiell möglich. Und sie würde - vom Abschnitt nach dem Candidtunnel bis kurz vor der Salzburger Autobahn - rund 360 Millionen Euro kosten.

Eine baureife Planung liegt mit dem nun fertiggestellten Papier nicht vor, betont Planer Martin Vieregg. Wichtig sei es vor allem gewesen, die an der Tegernseer Landstraße ziemlich unübersichtliche Spurführung in den Griff zu bekommen - in der neuen, teilweise achtspurigen Röhre soll es keine Unfallschwerpunkte mehr geben, an denen die Autofahrer wie jetzt über Kreuz die Spuren wechseln müssen. "Da steckt am meisten Gehirnschmalz drin", sagt Vieregg.

Streng genommen handelt es sich um zwei Tunnel, die durchaus auch nacheinander gebaut werden könnten. "Die Planung muss aber aus einem Guss sein", mahnt Vieregg. Röhre eins würde demnach unmittelbar an den Candidtunnel anschließen und mit rund 900 Metern Länge bis zum McGraw-Graben führen - plus unterirdischem Abzweig für den Mittleren Ring gen Chiemgaustraße.

Dort beginnt Röhre zwei mit rund zwei Kilometern Länge, die aus Ersparnisgründen eine Besonderheit aufweisen soll: Sie wäre der erste komplett zweistöckige Tunnel Münchens: In einer Etage rollen die Autos gen Osten, in der anderen nach Westen. Dies ist zwar ungewöhnlich, das räumt Vieregg durchaus ein. Aber keineswegs eine Premiere. So sei beim ADAC-Tunneltest eine doppelstöckige Röhre in Paris als "sicherster Tunnel Europas" ausgezeichnet worden. Hintergrund der Idee ist ein für die Anwohner besonders erträgliches Bauverfahren: Die Buddelei soll bergmännisch per Schildvortriebmaschine stattfinden. Und damit man mit nur einem Loch auskommt, sollte dieses eben besonders gut ausgenutzt sein.

Der weitere Ausbau des Mittleren Rings ist nach Einschätzung Piazolos absolut unumgänglich - angesichts des erwarteten Zuzugs von rund 200 000 Menschen in den kommenden Jahren sowie der Tatsache, dass der Autobahn-Südring wohl so schnell nicht gebaut wird. Zudem müsse die Stau-, Staub- und Lärmbelastung vor allem für die Anwohner der Tegernseer Landstraße abgesenkt werden. Dort rollen täglich rund 140 000 Autos vorbei - das ist selbst für den stark befahrenen Mittleren Ring ein überdurchschnittlicher Wert. In der Chiemgaustraße ist deutlich weniger los, sie ist der am schwächsten belastete Ring-Abschnitt. Dafür ist die Straße dicht von Wohnhäusern gesäumt, relativ schmal und mit vielen Ampeln "gesegnet".

Für die Freien Wähler, das ist FW-Stadtrat Johann Altmann wichtig, sind die beiden Röhren nur Teil einer Gesamtkonzeption für den südlichen und südöstlichen Mittleren Ring. Ebenfalls von Vieregg-Rößler gibt es bereits eine Ideenstudie für den Abschnitt östlich der Chiemgaustraße - den Innsbrucker Ring bis zur Leuchtenbergunterführung, den Vieregg vergleichsweise bescheiden ausbauen möchte: indem der Hauptverkehrsstrom "tiefergelegt" wird, also in einem Trog verläuft. An den großen Kreuzungen könnten kurze Unterführungen die jetzigen Ampeln ersetzen. Dies würde nach Berechnungen Viereggs nochmals rund 140 Millionen Euro kosten.

Die CSU-Stadtratsfraktion begrüßt den Vorstoß der Freien Wähler und fühlt sich in ihren langjährigen Bemühungen um den Ring-Ausbau bestätigt. "Je mehr Mitstreiter, desto mehr Druck können wir erzeugen", erklärte Fraktionschef Josef Schmid. Für die CSU seien außerdem die Bereiche Landshuter Allee, Englischer Garten sowie die Lindauer Autobahn wichtig. Für eine Untertunnelung der Tegernseer Landstraße engagieren sich zudem zwei Bürgerinitiativen.

Überlegungen für Verbesserungen an der "Tela" laufen derzeit auch im Planungsreferat - allerdings ergebnisoffen und ohne das erklärte Ziel eines Tunnels. Sie sind Bestandteil des vom Stadtrat im Frühjahr beschlossenen Handlungsprogramms Mittlerer Ring.

© SZ vom 20.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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