Mitten in Hadern:Malochen im feinen Zwirn

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Politiker sollten gewarnt sein: Beim Griff in den Kleiderschrank und beim Foto fürs Wahlplakat kann man sich schnell vertun

Kolumne Von Berthold Neff

Unsereins fragt sich morgens vor dem Gang zur U-Bahn und der Fahrt zur Arbeitsstätte stets, ob man es beim Polo-Shirt belassen kann oder ob es doch sinnvoll wäre, eine Jeans- oder gar Regenjacke überzuziehen - was sich ohnehin empfiehlt, wenn die vom Wettercomputer angezeigte Regenwahrscheinlichkeit bei 90 Prozent liegt.

Politiker haben, wenn es auf den Wahltag zugeht, ähnliche Probleme. Was sollen sie anziehen, um sicher an ihren künftigen Arbeitsplatz, sagen wir mal das Maximilianeum, zu gelangen? Sollen sie sich auf ihren Plakaten ernst geben oder aber locker, als Kumpel von nebenan? Da ist guter Rat teuer, denn keiner weiß sicher, welches Outfit die Wähler bevorzugen.

Auf den Plakaten, die seit einiger Zeit die Guardinistraße schmücken, lässt sich diese Unentschlossenheit schön studieren. Da wäre zum Beispiel Michael Piazolo, der bei der Landtagswahl am 14. Oktober für die Freien Wähler antritt. Die Tatsache, dass er mit einem "Prof. Dr." staatstragend daherkommt, versucht er dadurch zu entschärfen, dass er sein Sakko locker über die Schulter geworfen hat, wo er es betont lässig nur mit dem Zeigefinger der linken Hand fixiert. Die Botschaft ist klar: Ich bin seriös, kann aber auch total entspannt sein, so wie die Bürger, die mich wählen sollen.

Ähnlich geht auch sein Konkurrent von der CSU vor, Georg Eisenreich. Im März wurde er von Markus Söder als Staatsminister für Europa, Digitales und Medien berufen, weiß also, wie man medial am besten rüberkommt. Er hat einen Internet- und einen Facebook-Auftritt, offenbart aber Schwächen in der analogen Welt. Auf dem CSU-Plakatständer erzählt er eine kleine Geschichte, mit zwei Plakaten. Auf dem ersten lautet die Überschrift "Zukunft ...", was auf dem anderen mit "Jetzt anpacken" vervollständigt wird. Auf dem einen Plakat zeigt er sich im weißen Hemd mit flott aufgekrempelten Ärmeln, auf dem anderen nobel mit Sakko. Die Überschriften sind ihm allerdings durcheinander geraten. Auf dem Plakat mit der Zukunft ist er hemdsärmelig zu sehen, aber dort, wo er anpacken sollte, hat er das edle Sakko an. Bleibt zu hoffen, dass es nicht so gemeint ist: Ich als Politiker gebe bloß die Richtung vor, malochen müssen die anderen.

© SZ vom 31.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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