Man muss an diesem Donnerstagnachmittag, da diese Zeilen geschrieben werden, mit dem Schlimmsten rechnen. Die Kaltfront, die uns seit Ostern bibbern lässt, wird in der Nacht zum Freitag wohl noch eisiger, Bodenfrost droht. Jeder, der sich schon daran erfreute, dass der Obstbaum blüht und die Weinreben rund um die Terrasse ihre Knospen prall mit Saft füllen, weiß: Dieser Pracht droht der Tod durch Erfrieren. Man muss etwas tun.
Leider fallen, wenn der Weinberg in einem Wohngebiet liegt, ein paar der wirksamsten Methoden gegen Frostschäden an den Reben weg. In Baden-Württemberg zum Beispiel hat man Hubschrauber zum Schutz der jungen Reben eingesetzt - zwei Stunden kreisten die Hubschrauber in 15 Metern Höhe über den Hängen und verwirbelten mit ihren Rotoren die wärmere Luftschicht von oben mit der kalten von unten. In Hadern ist dafür zu wenig Platz. Es wäre auch unverantwortlich, den Piloten des Rettungshubschraubers, der Kurs aufs Klinikum Großhadern hält, um einen Abstecher an die Guardinistraße zu bitten. Das würde Menschenleben gefährden.
Kaum durchzusetzen ist hier auch die Feuer-Methode, zu der man sich im Sächsischen Staatsweingut Schloss Wackerbarth entschloss. "Viel Rauch, wenig Flammen, das ist das Beste", gab Teamleiter Roy Paul als Devise aus, wobei es nicht darum ging, bei einem lustigen Grillabend Fleisch zu verkohlen. Ein solches Holz- und Strohfeuer ist den Bewohnern der oberen Etagen nicht zumutbar, zumal einige von ihnen schon die Nase rümpfen, wenn ein fast fettfreies Putenfleisch auf dem Elektrogrill liegt.
Bleibt nur die Wassermethode, die sich das Phänomen der Kristallisationswärme zunutze macht. Diese Gefrierwärme wird freigesetzt, wenn ein Stoff seinen Aggregatzustand von flüssig nach fest verändert. Wir werden also, falls es friert, die Knospen mit einem feinen Sprühregen benetzen. Unter dem Eismantel soll es dann wohlig warm bleiben. Falls es nicht funktioniert, läuft es unsereins kalt den Rücken runter.