Mitten in der Maxvorstadt:Gewusel auf der Terrasse

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Einiges ist los rund ums eigene Heim, auch wenn man nicht zu Hause ist. Da werden Blumentöpfe umgegraben, Straßen entwickelt und der Frühstückstisch belegt.

Von Anita Naujokat

Nun behaupte nur noch einmal jemand, Innenstadt und Tierwelt schlössen sich aus. Der darf gern einmal zu Besuch in den kleinen Hinterhof in der Maxvorstadt kommen. Im Vorjahr hielt einen dort Ulla in Atem. Ein Winzling von Schnecke mit einem so filigranen, perlmuttfarbenen, fast durchsichtigen Häuschen, dass man ihr spontan den Namen gab (alle Ullas mögen es verzeihen). Tagelang war zu beobachten, wie sie entschlossen das Pflaster der Terrasse eroberte. Bis einen plötzlich der Verdacht befiel, dass es da noch ein zweites Exemplar geben musste, das ebenfalls das winzigste Zuhause der Welt durchs Leben schleppte.

Dann ist da der (noch namenlose) kleine Käfer mit dem roten Schild auf dem Rücken, der immer dann seine Runden entlang des Holztischs zieht, wenn man es sich dort gerade gemütlich machen wollte. Stets am aufgestützten Ellbogen vorbei, den der Frechdachs mitunter auch erklimmt. Die Logik seines Tuns hat sich einem trotz intensivster Beobachtung noch nicht erschlossen.

Die Eichhörnchen sind noch nicht mit der Ernte in den beiden Haselnussbäumen beschäftigt, weil sie sich noch mit derjenigen des Vorjahres beschäftigten. Sie haben den einen oder anderen Blumentopf auf der Suche nach den im Herbst versteckten Nüssen bereits restlos umgegraben.

Von Ameisenstraßen und Wespen im Jalousiekasten überm Küchenfenster ganz zu schweigen. Und was einen in einer dunklen Nacht auf der Terrasse fast streifte - ein lang gestreckter wieselflinker Körper, so hoch wie ein mittelgroßer Hund - weiß man bis heute nicht. Hat man den ebenerdigen Freisitz mal zwei Tage gemieden, verheddert man sich zwischen Stuhlbeinen und Tischplatte garantiert in Spinnennetzen.

Nicht zu vergessen die Amseln, die einen zeternd vor der Terrassentür darauf hinweisen, dass das Vogelbad - ein mit Kies aufgefüllter Eimer - mal wieder kein Wasser hat. Neulich wäre man in der Dunkelheit fast über eine zusammengerollte Katze auf der Treppe gestolpert. Hinterher heißt es bei solchen Unfällen dann immer "unerklärliche Ursache" und "Fremdeinwirkung ausgeschlossen". Doch mit friedfertigem Schlaf allein ist es für die Katzen nicht getan. Unlängst wäre man fast auf etwas ziemlich Totes getreten, das in Form zweier Fleischklumpen auf der Treppe lag. Wohl ein Teil der nächtlichen Beute, die einmal Fell oder Federn hatte. War wohl ein kleines Dankeschön für den bequemen Schlafplatz.

Und seitdem man gelesen hat, dass Besitzer diverser Reptilien sich ihrer Schlangen gerne in Müllcontainern entledigen, tritt man noch vorsichtiger auf die Terrasse hinaus. Apropos Reptilien: Zauneidechsen wurden auf der heimischen Veranda bisher noch nicht gesichtet. Die sollen, wie man hört, Neubaugebiete bevorzugen, weil es dort recht öde ist.

© SZ vom 30.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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